Chronik vom 7.08.2003 Ort der Handlung: Calanam'coupaer, Dunkelnebel Zeit der Handlung: 21.12.2375 Bordzeit: 14.30 Uhr bis 15.10 Uhr >>> Sevenah <<< >> Krankenstation << Die Krankenstation war leer, und dennoch belebte sie eine gewisse Art von Vitalität. Es hatte nichts mit ihrer Ausstattung oder vor sich hinbrütenden Bakterienkulturen zu tun, ja nicht einmal mit der ein oder anderen konservierten Blutprobe. Vielmehr wurde sie beherrscht von einer Spannung, die die Atmosphäre fast schon knistern ließ. Zunächst war es nur eine Ahnung von etwas, als wenn eine vage Idee allmählich Gestalt anzunehmen bereit war. Dann verlöschten die Lichter, als wenn sie plötzlich bestrebt wären, diese besonderen Umstände mit ihrem Anteil noch mit der nötigen Dramatik auszustatten. Monitore und Displays flackerten disharmonisch im verlöschenden Licht, bis sie dann ebenfalls jegliche Aktivität aufgaben. Es war allerdings nicht von Dauer, von Zeit zu Zeit tauchten willkürlich ausgewählte Daten, Ansichten, graphische Darstellungen oder Bilder auf, um dann sofort wieder zu verschwinden und dem Raum wieder die angemessene Dunkelheit zurükzugeben. All das geschah in völligem Schweigen, seit das beständige leise Hintergrundgeräusch, welches die Krankenstation sonst auszufüllen pflegte, angstvoll den Atem anhielt. Und dennoch, der Raum war nicht völlig leer, etwas war dort, wie funkelnde Lichtpunkte in den reflektierenden Augen eines Nachtjägers, der auf seine ahnungslose Beute lauerte. Wenn man genauer hinsah, erkannte man, daß der Raum trotz jeglicher fehlender Lichtquelle nicht mehr nur dunkel erschien. Undeutliche Schlieren bewegten sich und konzentrierten sich dann schließlich in wirbelnden konzentrischen Kreisen. Sie schienen sich nicht einig zu sein, was zu tun war oder was ihre Anwesenheit an diesem Ort bedeuten sollte, dennoch war ihnen eine gewisse Zielstrebigkeit nicht abzusprechen. Es blieb nicht bei diesem einen Wirbel. Wie auf ein stummes Kommando hin stoben die Schlieren wieder auseinander, um sich anschließend wieder zu einer neuen Kontur zusammen zu finden. Und diesmal war es kein konzeptloses Kreisen, nein. Es wies nur noch hier und da eine sanfte Rundung an, dennoch zog es sich in die Länge, wuchs in die Senkrechte und schmolz in der Horizontalen. Die Schlieren experimentierten mit dieser neuen Form, glätteten hier eine Rundung, weitete hier eine andere aus und gaben ihr schließlich eine dritte Dimensionalität. Es gab einen Moment, in dem die Schlieren die Bewegung aufgaben und nur noch dort vibrierten, wo sie für sich den angemessenen Platz gefunden zu haben schienen. Als wäre nun ihre Aufgabe vollbracht, änderte sich das Geschehen erneut. Die Schlieren veränderten sich. Unmerklich zunächst, doch dann immer deutlicher begannen sie zu pulsieren. Schwaches Leuchten wechselte mit noch tieferer Finsternis als zuvor. Farben flimmerten darüber hinweg und gaben dem Objekt eine irrwitzige Tiefe, die es nicht geben konnte. Und aus diesem Farbenspiel begannen sich, Details herauszuarbeiten. Die Form, die bisher gewesen war, selektierte sich noch feiner, dann behielten sie ihre neue Struktur bei. Scheinbar aus dem Nichts gab es neue Schlieren, die sich den anderen anfügten, aber völlig neue Effekte hervorbrachten. Sie erzeugten scheinbare Festigkeit, als die Transparenz der anfänglichen Schlieren sich im gemeinsamen Geflecht verlor. Auch die leuchtenden Farben flossen an der Form hinab, um dann mit einem letzten Glimmen zu verglühen. Es wurde wieder dunkel, doch das hinderte die stattfindenden Veränderungen nicht. Im Gegenteil, immer schneller setzte sich der Tanz der Transformation fort, bis er schließlich einschlief und endete. Als wäre nichts gewesen, ertönte ein leises Summen in der Krankenstation, das dem geübten Zuhörer das Hochfahren sämtlicher Systeme verriet. Als wäre nie etwas geschehen, dämmerten die Lichter auf, bis sie ihr gewohntes Level erreicht hatten. Monitore und Displays erwachten zu neuem Leben, berichteten von gewohnter Ordnung. Leises Piepsen kündigte die Rükkehr der verschiedensten Hintergrundgeräusche an. In der Mitte des Raumes stand jemand und blickte sich lächelnd um. >> Brücke << Easgéan lockerte seinen Griff ein wenig, so daß er sie noch hielt, aber nicht mehr bedrohte. Offenbar stand es um die Frau schlimmer als er zunächst gedacht hatte... sie schlug ihn nicht, sie entwand sich nicht seinen Griff... "Ich weiß auch keine... Aber sie müssn kämpfn... Ich glaub die Crew funktioniert nur, weil se irgendwo Respekt vor ihn'n ham... bei jedm andren würdn se meutern... Nutala... jeden anderen Riov hätt se längst gefressn... und Sovek... se holn das beste aus ihm raus..." Sein Blick glitt über die Anwesenden und blieb kurz bei Yaros hängen... Er ahnte, was sich zwischen den beiden abspielte und abgespielt hatte, aber er wußte nicht genug um nicht das falsche zu sagen. "Ich bin noch nich lang hier, aber..." Easgéan rang mit den nächsten Worten... Es drohte zu nahe zu kommen... Vielleicht zu verletzen... Aber das spielte jetzt keine rolle, es ging nicht um ihn... "...'ch hatt noch bei jed'm Kommandantn den wunsch, jede Ordnung zu untergrabn... die letzte Kommandantin... Oh je..." Kurz blitzten Bilder einer Khallianen-Röhre in seinem Gedächtnis auf und ein Lächeln stahl sich über seien Lippen. "hier nich... 'ch hab nich ein'n Augenblick dran gedacht... nehmn se das als Kompliment, so schnell mach ich kei zweites! Alles was se brauchn is ein wenig entspannung, kühln Kopf bekommn und dann ruhig an de Probleme rangehn, de se vielleicht mit einzeln' von uns ham..." Sein Blick wanderte noch einmal zu Yaros, und diesesmal steckte die klare Aufforderung darin, endlich reinen Tisch zu machen. "die Crew respektiert se... respektiern se sich auch!" Noch wollte er sie nicht loslassen, aus Angst, sie könnte einfach zu Boden fallen... Aber wie mußte es für die anderen aussehen... Yaros schloß die Augen, als die Rede von Konsequenzen aufgrund der vergangenen Ereignissen war. Was hatte er erwartet? Daß alles spurlos vorübergehen würde? Daß die Unbeliebtheit der Drolae die Crew schützen würde? Ihn schützen würde nach all dem? Nein, das war niemals eine Möglichkeit gewesen und er sah es ein. Aber was immer es sein würde, er war bereit dazu. Was blieb ihm anderes übrig? Es war allein seine Verantwortung gewesen, er allein hatte die anderen in Gefahr gebracht. Für ihn war es keine Frage; Rhuissa zur Verantwortung zu ziehen, erschien zu absurd, um auch nur in Betracht gezogen werden zu können. Selbst wenn er die Drolae und damit sie verlassen mußte - wenn sie damit vor weiteren Anklagen geschützt war, würde er gehen. Insubordination... aus den Tiefen seines Gedächtnisses stieg es wieder empor. Es war ihre Anklage gewesen, die nun an Gestalt gewinnen würde. Doch es kam anders. Erschrocken, schließlich entsetzt starrte er Rhuissa an, als sie von ihrer nächsten 'Mission' erzählte. Sämtliche Farbe wich aus seinem Gesicht. Yaros hörte nur eines heraus: Sie sollte bestraft werden für etwas, was er getan hatte. Die Tragweite dieser Tatsache war so unglaublich schwerwiegend, daß er taub für die Details wurde. Urplötzlich legte sich eine tonnenschwere Last auf seine Schultern, unter der er zusammenzubrechen drohte. Rhuissa. Er hatte sie verraten. Mit seiner Mißachtung ihrer Befehle, mit seiner tollkühnen Aktion, mit seiner hoffnungslosen und närrischen Liebe zu ihr. Aus welchem Grund hatte er sich überhaupt je Hoffnung gemacht? Es hatte nie eine Chance bestanden, nein. Verzweifelt dachte er daran, wie nah sie sich sein konnten, wie groß das Vertrauen war, das sie ihm in ihren privaten Momenten bedenkenlos geschenkt hatte. Und er hatte nicht einmal gemerkt, wann es zerbrochen war, wo die Grenzen zwischen ihnen lagen. Nein, sie hatte so etwas nicht verdient, wenn jemand zur Verantwortung gezogen werden mußte, dann sollte er es sein und niemand sonst! Rhuissa durfte sich nicht aufgeben und vor allem durfte sie nicht an das glauben, was sie selbst sagte, was ihr das irrwitzige Oberkommando eingeredet hatte. Die Einsicht, daß alles, was er tat oder tun würde, Rhuissa noch mehr schaden anstatt nutzen würde, lähmte ihn und so sah er hilflos Easgéans Motivierungsversuchen zu. Es glich einem Spiegelbild... Easgéan war an seiner Stelle, es war sonst immer seine Aufgabe gewesen, Rhuissa aus ihrem mentalen Abgrund zu helfen und sie wachzurütteln. Doch die Distanz zwischen ihnen war größer, als sie überhaupt jemals gewesen war. Er drückte sich selbst so fest gegen die Wand hinter ihm, wie er konnte, als würde er so dafür sorgen können, daß er darin verschwand. Wie gern hätte er sie in den Arm genommen, wie gern ihr versprochen, daß ihr nichts geschehen würde, doch es war unmöglich. Die wortlosen Blicke von Easgéan und Sovek, jeder eine stumme Anklage für sich und trotz der Worte von Easgéan, die von Zusammenhalt und Respekt sprachen, fühlte Yaros sich ausgeschlossen. Seine kalten Finger verkrampften sich ineinander, als eine Erinnerung in ihm aufstieg. Die Nacht, in der sie ihn geweckt hatte... Ohne nachzudenken, war er in ihr Quartier gestürmt, um sie dort halbtot aufzufinden. Die fast ohnmächtige Angst um sie hallte noch jetzt in ihm wider, wenn er daran dachte. Es war alles so selbstverständlich erschienen. Nein, mehr noch. Es hatte einfach so sein müssen - in ihrer Not war er es gewesen, den sie um Hilfe gebeten hatte und ihm waren Schlaf und alles andere schlagartig gleichgültig geworden, als er sie ins Leben zurückholte. Blitzartig durchzuckte ihn noch ein Detail, das er fast verdrängt hatte. Ein Bild. Ein Foto, das auf einem sonst leeren Nachttisch stand. Er hatte es nur kurz zu Gesicht bekommen, doch die Züge waren so vertraut gewesen, daß sie innerhalb einer Sekunde seine Wahrnehmung überflutet hatten. Er hatte sich selbst gegenübergestanden in ihrem Quartier, nachdem einer ihrer Gedanken in höchster Not ihm gegolten hatte. Sie lebte mit ihm, viel enger, als er es für möglich gehalten hatte und erst jetzt, als die Hoffnung ein noch kaum zu erkennender Schimmer war, wurde er sich dessen bewußt. Wie viel blindes Vertrauen hatte sie in ihn gesetzt, wie viel hatte sie ihm bedeutet, wie sehr hatte er sie enttäuscht! Und nun, da er es erkannte, gab es keinen Weg mehr zurück. Er erkannte allmählich, wie sehr er ihr schadete, wenn er blieb. Ihm hatte ihr letzter Gedanke gegolten... Und er ließ sie im Glauben, daß es seinerseits nicht so war. Warum nur hatte er geleugnet, daß es so war? Warum hatte er sich in Ausreden geflüchtet, statt zu seinen Gefühlen zu stehen? Es zog ihn zu ihr, alles in ihm verzehrte sich danach, sich offen zu ihr bekennen zu können und was immer er dann tat, entfernte ihn nur noch mehr von ihr. Sie konnten Freunde, aber niemals Geliebte sein! Er mußte aufhören, so egoistisch zu sein. Nein, mit ihm konnte sie nicht glücklich werden, er begriff es jetzt, da sich die anderen an seines Statt für sie einsetzten, sie ermutigten und ihr zeigten, wie falsch sie lag. Doch ein Abschied tat zu weh... Nein, er war es ihr schuldig, sie nicht einfach dem Schicksal zu überlassen, das andere für sie zeichneten. Wer war er, daß er sich in Selbstzweifeln wälzte, während ihre Zukunft von Leuten geschrieben wurde, die keine Ahnung hatten, was sie bereits ausgestanden hatte? Auch wenn er außen vor stand, auch wenn das Vertrauen nur noch aus zersplitterten Scherben bestand, hatte ihr Schutz eine höhere Priorität als alles andere. Er würde es nicht selbst in die Hand nehmen können, doch die anderen konnten etwas tun. Ruckartig löste er sich von der Wand und ging einige Schritte auf Rhuissa zu. Er blickte sie fest an, als könne er ihr damit bereits ihren Mut zurückgeben. "Du wirst auf ihn hören, Rhuissa, auf jedes einzelne Wort, hörst Du? Er hat recht, er hat so verdammt recht und das weißt Du. Es ist egal, was diese Leute von der Galae Dir erzählt haben. Sie haben keine Ahnung, wer Du bist, sie haben keine Ahnung davon, welche Kraft in Dir steckt und sie haben verdammt noch mal keine Ahnung, wie das Leben hier ist. Sie werden Dich nicht opfern, nicht Dich. Du bis das Beste, was diesem Schiff und dieser Crew passieren konnte. Es sind Freunde und Kollegen gestorben, ja. Aber welche Chancen wurden ihnen denn hier gegeben? Du hast Dein Bestes getan, um sie und ihre Leben zu schützen, doch Du kannst nichts dafür, daß Du einen aussichtslosen Kampf führst. Niemand hat Dir je die Schuld gegeben außer diesen Leuten, die weit weg in ihren warmen Sesseln sitzen. Meinst Du wirklich, ich gebe Dir die Schuld für Mikhros sinnlosen Tod? Oder Melis? Oder auch für nur irgendeinen der anderen? Nein, daran trägst Du ebenso wenig die Schuld wie an meiner kopflosen Aktion. Wenn es irgendeinen treffen muß, dann mich. Sollen die mich als unzurechnungsfähig einstufen oder was immer sie auch vorhaben. Nein, Rhuissa, dies ist Dein Schiff und das wird es bleiben. Deine Crew zählt auf Dich. Glaubst Du wirklich, sie würde jemals jemand anders akzeptieren können? Ohne Dich werden die Tage der alten Drolae, die so viel durchgestanden hat, gezählt sein. Wach endlich auf und erkenne, was Du jedem Einzelnen von ihnen bedeutest!" Während des Redens fand seine aufgestaute Verzweiflung endlich einen Weg, sich freizukämpfen. Er hatte sich entschieden. 'So Sovek. Du mußt Handeln sonst haste bald einen Kommandenten der alles 100%ig nimmt,' dachte Sovek und ging auf Rhuissa zu. Sovek mag zwar klein sein, aber wenn ihm was wurmte konnte er eine ungeheure kraft entwickeln. Freundlich bat er Easgéan zu Seite zu treten, packte sich Rhuissa am Oberarm und zerrte sie halb über die Brücke zur ihr Stuhl. "Da rein setzen, Riov," befahl Sovek. "Wenn sie das nicht tun, werde ich ihnen wegen Unfähigkeit sich auf IHREN Kommandostuhl zu setzten das Kommando entziehen und ich werde das Kommando über IHRE Drolae übernehmen. Dann werde ich Kurs ab von allen romulanischen Planeten und Systemen befehlen. Dorthin fliegen wo noch nie ein rihnnsu geflüchtet ist. Ja sie haben richtig gehört. Wenn sie nicht mehr unsere Kammandantin sein wollen, werden wir uns absetzen. Das nennt man dann Fahnenflucht, wenn ich mich nicht irre und darauf steht der Tod. Also, wenn ihnen wirklich was an uns liegt, setzen sie sich verdammt!" Sovek sah Rhuissa wütend an und zeigte streng auf ihr Stuhl. "Außerdem sterbe ich lieber unter ihrem Kommando!" Die Reaktionen von Easgean, Yaros und Sovek überrumpelten Rhuissa. Widerstandslos lies sie sich von Sovek zu ihrem Kommandosessel ziehen. Sie war hin und her gerissen. Müde, resigniert, verzweifelt und voller Angst auf der einen Seite, gerührt, geborgen in dem Gefühl doch zuhause zu sein, voller Zuneigung und Verantwortungsbewußtsein auf der anderen Seite. Der Widerstreit ihrer Empfindungen lies sie verwirrt und ratlos zurück. Warum nur wollten die drei sie als Kommandantin behalten? Warum nur konnten sie so viel von ihr halten und trauten ihr denoch keinen Schritt alleine zu? Sie hatten so viel zusammen durchgemacht, aber das galt nicht für Easgean, und doch reagierte er genau so wie Sovek und Yaros. 'Ich hätte für jeden von ihnen bis zum äußersten gekämpft, aber warum kämpfen sie für mich?' fragte sie sich verwundert. Easgeans Worte kamen ihr in den Sinn 'bei jedm andren würdn se meutern... ch hatt noch bei jed'm Kommandantn den wunsch, jede Ordnung zu untergrabn...'. Und Yaros 'Glaubst Du wirklich, sie würde jemals jemand anders akzeptieren können? Ohne Dich werden die Tage der alten Drolae, die so viel durchgestanden hat, gezählt sein.' Lag es daran? Sie hatte der Crew oft Freiheiten gelassen, die auf anderen Schiffen undenkbar waren. Sie hatte nie versucht, die Schwächen jedes einzelnen mit strenger Disziplin gewaltsam auszumerzen, sondern hatte versucht jeden eine Chance zu geben sich an Bord neu zu finden so wie er war. Das brachte sie der Crew näher ... und machte sie in den Augen der Galae vollkommen unmöglich. Aber was war nun wirklich mit ihrer Autorität in der Crew wenn sie als Kommandantin führen mußte. Hatte sie ihre Autorität untergraben, wie sie geglaubt hatte, oder hatte sie, wie Easgean es andeutete überhaupt nur deswegen den Respekt in der Crew. Aber was war dann schief gelaufen? Rhuissa konnte diese Frage nicht beantworten. Ihr wurde klar, das sie viel zu aufgewühlt war, um echte Antworten zu finden. Wieder hörte sie Easgeans Worte nachklingen: 'Alles was se brauchn is ein wenig entspannung, kühln Kopf bekommn und dann ruhig an de Probleme rangehn,...' Vielleicht nicht der schlechteste Rat. Nur eines mußte sie jetzt entscheiden. Über Motive und Hintergründe konnte sie immer noch nachforschen. Noch etwas unsicher und zweifelnd rang sie sich zu der einzig möglichen Entscheidung durch: "Also gut. Ihr habt als Crew entschieden das ihr mich braucht und das ihr mich als Kommandantin behalten wollt. Deshalb werde ich kämpfen." sagte sie. "Dieser khhe'tcha Test ist erst in 3 bis 4 Monaten, eher 4. Bis dahin sollte ich es geschafft haben mich zu stabilisieren. Meine alte Kraft ist immer noch da, nur verschüttet. Easgean, ich werde ihren Rat befolgen und das mit der Entspannung ernst nehmen. Mit etwas Abstand schaffen wir es vielleicht auch zu erkennen, was schief gelaufen ist. Wenn wir den Weg zurück finden zu der Zeit, als wir uns dann wenn es drauf an kam fest aufeinander verlassen konnten, dann werden wir wieder die alte Drolae sein. Voll Chaos und voller Katastrophen, aber durch nichts unterzukriegen." Rhuissa dachte zurück. Es war nie leicht gewesen, das nicht. Ohne den Rückhalt, den sie einander gaben hätte die Drolae schon lange nicht mehr existiert. "Ich hätte euch wahnsinnig vermißt." fügte sie leise hinzu. Easgéan hatte Sovek zusammen mit Rhuissa gehen lassen, insgeheim froh, sie nicht mehr halten zu müssen... Und sie hatte begriffen... Sovek und Yaros hatten gut reagiert, fast hatte er schon befürchtet, sie ganz alleine überzeigen zu müssen... Easgéan Herz schlug laut und erinnrte ihn daran, wie begrenzt doch seine Kraft war, und wie rücksichtslos er dannoch damit umging. Er schob den Gedanken beiseite. "Dann mach ma uns auf'n weg... Ab ins nirgndwo... Un wenn ich was vorschlagn darf... Der Doc käümmert sich jetz drum, daß die Riov ihre Ruhe bekommt... Wir bringen das Schiff schon dahin wo wir kein' schadn mehr anrichtn könn'" Er grinste, verschränkte die behandschuhten Finger und ließ die Sehnen knacken während er wie slebstverständlich am Steuer Platz nahm. Sovek sah wie Easgéan am Steuerpult Platz nahm. Da Nutala nicht auf der Brücke war, zu mindestens nicht körperlich, ließ er den neuen Co-Pilot gewähren. Die Mieze war selbst schuld. Hätte sie SOFORT, wie befohlen, die Mängelliste auf die Brücke gebracht, hätte sie sich auch gleich in ihr Stuhl setzen können. Aber wenn sie trödelt, mußte sie sich nicht wundern wenn ihr Platz von jemanden angewärmt wurde. Die Wendung von Rhuissas Worten kam unerwartet, aber sie brachte eine unendliche Erleichterung mit sich. Sie klang wieder nach dem alten Kampfeswillen, der sie bisher in allen schwierigen Situationen wieder auf die Beine gebracht hatte. Der Konflikt in Yaros hingegen hatte sich noch immer nicht gelöst. Viel zu groß war seine Verzweiflung gewesen, daß seine Handlungen es gewesen waren, die Rhuissa bis an diesen Punkt gebracht hatten. Er hatte in bester Absicht gehandelt und sie damit fast verloren... Es war so einfach gewesen - eine falsche Entscheidung, geboren aus Sorge um sie. Er nahm noch wahr, daß Easgéan ihn erwähnte. Aber so gut er es meinte, Rhuissa würde besser ohne ihn klarkommen. Rhuissa hatte ihre Crew... Ohne ein weiteres Wort verließ er die Brücke. Er versuchte die Erinnerungen zu verdrängen, die unbarmherzig in einer Endlosschleife in seinem Kopf umhertobten. Rhuissa, wie sie reglos auf einem Biobett lag, während er angstvoll auf ihr Erwachen wartete.... Rhuissa, die ihm auf dem anderen Schiff völlig gerechtfertigt wütend Vorhaltungen machte... sie beide bei ihrem Frühstück... und dazwischen das Bild auf ihrem Nachttisch. Es paßte alles nicht zusammen. Etwas war falsch daran, ganz und gar falsch. Warum drumherum reden? Er war das Falsche daran! Wie konnte Rhuissa ihm jemals wieder das Vertrauen schenken, das zwischen ihnen gewachsen war? Er hatte es aufs Spiel gesetzt und verloren. >> Krankenstation << Direkt vor der Tür der Krankenstation blieb er stehen. Flucht... Es wurde ihm klar, wie oft er das, was er gerade tat, früher getan hatte. Verkriechen in der guten, alten Krankenstation, in trauter Einsamkeit mit Sevenah. Er hatte diese Version seines Ichs schon fast vergessen. Sie war mit Rhuissas Freundschaft immer weiter verblasst und hatte völlig an Bedeutung verloren. Jetzt kehrten zarte Ansätze dazu unbewußt zurück. Er wußte nicht, ob ihm das gefallen wollte. >> Brücke << Easgéan hätte am liebsten laut geflucht. wie konnte sich ein erwachsener Mann nur so dumm stellen? wie konnte dieser Arzt so blind sein? Er selbst hatte es noch nie übersehen, wenn eine Frau sich für ihn interessiert hatte... Aber es stand ihm nicht zu, sich weiter als bis jetzt einzumischen. Vielleicht hatten die beiden ja eine Affäre gehabt und sich im Streit getrennt? Oder er war auf einem anderen Planeten verheiratet... oder auf mehreren... Easgéan zuckte mit den Schultern und wandte sich der Steuerkonsole zu. "Dann bring ich uns mal hin..." Damit schlug er den vorgegebenen Kurs ein. "Tun sie es, Easgéan," befahl Sovek. Und Easgéan tat es... Er beschleunigte die Drolae und hielt Kurs auf die sternlose Ebene... Am Steuer zu sitzen machte eindeutig am meisten Spass. Es gefiel Rhuissa, wie die Crew die Situation in den Griff bekam. Easgean und Sovek gaben sich alle Mühe es ihr leicht zu machen. Das verschaffte ihr die notwendige Atempause. Aber Yaros! Rhuissa sah zu, wie er wortlos die Brücke verlies, gerade nachdem Easgean vorgeschlagen hatte, er möge sich um sie kümmern. Rhuissa sah ihm beinahe fassungslos nach. So kannte sie ihn nicht. Was war nur los? Irgendetwas war ganz und gar schief gegangen. Aber wann genau war das geschehen? Wann hatte sich seine Meinung von ihr so geändert? War es schleichend geschehen? Oder in der Nacht nach der Killerpflanzenmission? Wahrscheinlich würde sie es nie erfahren. Rhuissa wußte nur, das sie unendlich viel verloren hatte. Und wieder gab sie sich selbst die Schuld daran. Sie schluckte. Zögerte die Brücke zu verlassen. Es durfte auf gar keinen Fall so aussehen, als renne sie ihm hinterher. Halb nahm sie wahr, wie Easgean und Sovek den Kurs setzten und das Schiff beschleunigten. Auf der Brücke war das normale Leben der Patrouillen-Routine wieder eingekehrt. Trotz dem Chaos in ihr empfand Rhuissa etwas beinahe tröstendes darin. "Ich bin in meinem Quartier. Ich werde mich etwas frisch machen." sagte sie und verlies äußerlich so ruhig und gelassen wie sie konnte die Brücke. >> Shuttlerampe << Nutala sah Staska über die Schulter beim Arbeiten zu. Dabei dachte sie angestengt über diese Wartungsklappe nach...... Da war doch noch was????? Irgendwas war damit ???????? Nutala lief es auf einem Eisklat den Rücken runter, irgend wie war ihr auf einmal zum Wegrennen zu mute, doch es hatte nichts mit Staska zu tun. Sie war doch keine Gefahr für sie. Irgend etwas anderes lies es sie schaudern. Das Blanke Entsetzen breitet sich in ihr Aus und so konnte sie sich nicht mehr darauf Konzentrieren, was es mit dieser Wartungsklappe auf sich hatte. "Haben sie das auch gespürt?" Nutala sah sich suchend um, doch sie konnte nichts entdecken. Nun war es kein Kribbeln mehr im Nacken, ... einen kurzen Moment verlor sie das Gleichgewicht. Es wahr ihr, als ob man ihr das Herz herausreißen würde. Als würde etwas die Welt um sie herum erschüttern. >> Korridor << Nutala war irgend wie überhaupt nicht wohl, alle ihre 6,7,8,9 Sinne klingelten Sturm. Sie sollte jetzt irgend wo anderes sein, was auch immer hinter der Wartungsluge war, es mußte warten. Nutala lies Staska alleine und rannte. Sie rannte so schnell sie auf allen Vieren war. So schnell es die sich nur in Zeitlupentempo öffnenden Türen es zu ließen. Ohne Rücksicht auf was auch immer ihr in den Weg kann zu Brücke der Drolae. Dort war etwas, etwas wichtiges, etwas wirklich wichtiges, dort gehörte sie jetzt hin. Nicht nur ihre Nackenhaare waren gesträubt, sondern alle die sie hatte. Galopper, Galopper, durch die Korridore auf den Weg zur Brücke. Unterwegs zu ihrem Quartier wäre Rhuissa fast mit einem schnellen Fellblitz zusammengestoßen, der sich beim näheren Überlegen als Nutala entpuppte. Sie taumelte und fing sich mit einer Hand an der Wand auf. Die Wand fühlte sich beruhigend real an. Kühl, stabil und verläßlich. Als würde sie die Stabilität der Wand in sich spüren, beruhigten sich ihre weichen Knie. Rhuissa atmete tief durch und setzte den Weg zu ihrem Quartier fort. Nutala hätte da doch fast ihren Riov über den Haufen gerannt. So ein Pech aber auch. Doch momentan hatte sie andere Probleme als ihre Pläne das Schiff zu übernehmen. >> Brücke << Sie stürzte durch die Tür auf die Brücke. "Was machen sie da!" Sie stürzte zu Easgéan an IHREN Pilotensitz und kontrollierte die Anzeigen. "Sie bringen uns noch alle um!" "Sehen sie das nicht." Nutala zeigte auf eine Skala auf IHRER Konsole. So eine Halbkreisförmige mit Zeiger, wo 1/3 Grün, 1/3 Gelb und 1/3 Rot eingefärbt ist. Die Anzeige war mit der Aufschrift 'Gefahren Indikator Skala' gekennzeichnet. Und die Anzeige Nadel stand im Roten Bereich. Sovek wollte sich gerade in den Kommandostuhl hinsetzen, als eine Windhose leicht sein Haar zerzauste. Nein es war doch keine Windhose. Eher eine Windkatze die sich aufführte wie die 'Herrscherin von M'egara' aus einem rihannischen Schund-Comic. "VOLLER STOPPPPPPP!!!!" Rief Sovek halb sitzend, halb stehend und wußte eigentlich nicht was los war. Easgéan blickte Nutala entgeistert an, als wollte sie ihm gerade ihre alten socken verkaufen. "Alles in Ordnung? Geht's dir nich gut? Das ding schlägt aus, weil noch na paar Trümmer da draussn liegn... Un entweder du läßt mich jetz in ruh fliegn und verziehst dich, oder du bist in zukunft auf der Brücke, wenn du hier gebraucht wirst! Jetzt kümmer dich wieder um dein shuttle!" Er schob Nutala unsanft zur Seite, schüttelte den Kopf über die dämlichste anzeige, die er je gesehen hatten und setzte seine Manöver um die größeren Trümmer des Pakledschiffes herum fort. Jedesmal wenn er sich einem näherte schlug die Nadel ein wenig aus. >> Krankenstation << Yaros betrat mit einem Seufzen die Krankenstation. Ob jemand seinen Weggang überhaupt bemerkt hatte? Eigentlich war es ihm egal. Nein, das machte er sich nur vor. Es nagte an ihm... Aber egal, er kehrte jetzt nicht mehr zurück. Mit einem Seufzen ließ er sich auf einem der Biobetten nieder, fiel nach hinten und starrte die Decke an. Warum konnte dieser verfluchte Tag nicht endlich zuende gehen? Solange er andauerte, bestand immer noch eine Chance, daß weitere unangenehme Überraschungen auf ihn lauerten. Er hatte die Augen geschlossen, als er in den freien Raum sagte: "Sevenah, was empfiehlst Du denn so gegen den Verlust des Lebenssinns, hm?" "Eine ausgiebige, sanfte Massage und ein Glas Ale vor dem Schlafengehen, mein Liebling.", antwortete sie prompt. "Das klingt verführerisch, meine Gute, aber leider kommst Du nur zu dem Punkt bis zu dem Ale. Na gut, dann fang doch damit einfach mal an, den Rest sparen wir uns." "Es ist schon fertig. Und wir brauchen uns nichts zu sparen." Als Yaros die Augen aufschlug, weil das Ale vom Replikator zum Biobett ja nun einmal nicht allein kam, fuhr er erschrocken ans Kopfende des Bettes zurück, wobei er fast hintenüber gekippt wäre. Vor ihm stand jemand! "Wer sind Sie? Was tun Sie hier?", war das erste, was ihm in den Sinn kam. "Du brauchst keine Angst haben. Wir kennen uns doch. Hier ist Dein Ale." Sie hielt es ihm entgegen, doch er starrte sie nur entgeistert an. "Kennen? Ich wüßte nicht, daß wir uns schon einmal irgendwo begegnet wären. Sevenah, löse den Eindringlingsalarm aus." Statt der erwarteten Reaktion begann die Unbekannte zu kichern. "Aber Liebling, mach es uns doch nicht so schwer. Du hast mich erschaffen, nun bin ich endlich vollendet. Freu Dich, ich bin die Antwort auf so viele Deiner Fragen." Yaros packte das Grauen. Er zog sich noch ein weiteres Stück zurück, hinter sich den Abgrund fühlend. "Ich habe nichts und niemanden erschaffen. Ich weiß nicht, wer Sie sind und ich weiß auch nicht, was das hier soll. Verschwinden Sie!" "Du enttäuschst mich, mein Liebling. Hier ist Dein Ale. Trink es aus." Er zögerte, den Raum zu verlassen. Es war etwas Vertrautes in diesem Wesen, in seiner Art, wie es sprach... wie es die einzelnen Worte modulierte in einem sorgfältigen, klangvollen Rhythmus, wohlüberlegt und ausgewogen.... wie es ihn 'Liebling' nannte... an dieser Stelle stockte er. "Sevenah?", fragte er vorsichtig. Sie strahlte. "Aber ja! Ich habe gewußt, daß Du mich erkennen würdest." "Aber... aber... das ist völlig unmöglich! Die Sevenah, die ich schuf, war lediglich... ein Programm. Sie war sich ihrer selbst nicht bewußt und sie hatte vor allem keinen... keinen Körper." Sie stellte das Glas ab und kam einige Schritte auf ihn zu. Yaros schaute sie sich genauer an und schluckte. Das, was er da vor sich sah, war eine Frau , die vielleicht ein paar Jahre jünger als er war und das dunkle Haar knapp schulterlang trug. Ihre ebenfalls dunklen Augen strahlten momentan mit ihrem Lächeln um die Wette. Der Saum des kurzen schwarzen Kleides, das sie trug, endete gerade noch rechtzeitig, um dem Anspruch auf Moral und Sitte genüge zu tun. Es lag eng an ihr und betonte damit ihre Rundungen mehr als daß es sie verdeckte. Er zwang sich dazu, das zu ignorieren. "Gefällt er Dir denn gar nicht? Ich habe so gut darauf geachtet, daß er Deinen Vorstellungen entspricht... " "Meine... meine Vorstellungen?", stotterte er sich zurecht. "Ja, Deine Vorstellungen. Du sagtest einmal, daß Liebe zwischen uns nicht möglich ist, weil mehr dazu gehört als nur eine Stimme. Und so kam ich zu diesem Körper." Sie legte ihm eine Hand auf dem Arm. Schauer liefen Yaros über die Haut, dort, wo sie ihn berührte. Dies war nicht real, sollte nicht real sein! Doch es war so schwer, sich das vorzumachen, während die Wärme ihrer Hand seinen Ärmel durchdrang und das Gewicht auf seinem Arm lag. Alles war, wie es sein sollte, wenn jemand ihn berührte - nur daß Sevenah nie, niemals ein 'jemand' gewesen war. Er starrte sie an und versuchte, zu einem klaren Gedanken zu kommen, was ihm nicht gelingen wollte. "Was willst Du hier? Warum...?" Er ließ seine zweite Frage unvollendet, was ihr ein erneutes Lächeln entlockte. "Aber Liebling, ahnst Du es denn nicht? Du bist der alleinige Grund, warum ich hier bin. Ich will die Antwort auf Deine Fragen sein. Ich will Deiner Einsamkeit ein Ende bereiten." Als sie jetzt auch noch die Hand hob, um seine Wange zu berühren, sprang Yaros endgültig vom Bett herunter und brachte es als Barriere zwischen sie und ihn. "Bleib... bleib, wo Du bist, ich warne Dich!", rief er, drehte sich um und lief hektisch aus der Krankenstation. Dort lehnte er sich schwer atmend an die Wand neben der Tür. Nein, das konnte unmöglich wahr sein, das hatte er nicht gesehen! Das war lediglich eine Einbildung! Er schloß die Augen. Was tat man als erstes, wenn einem der Bordcomputer entgegen lächelte? .......... Ende der Chronik ............