ChR Drolae
das "stolzeste" Schiff der Galae



Ared Yaros tr'Ahmar Quissar

>>> Rückblick und Tagebuch-Eintrag <<<


Yaros zögerte, bevor er sprach. Er befand sich auf der Krankenstation, die einzig mit den Geräuschen der Maschinen und seiner Tiere erfüllt war. Niemand würde ihn hier hoffentlich stören. Er hatte sich auf einem Biobett niedergelassen und starrte auf den Boden, als er begann:

"Aufzeichnungen beginnen, persönliches Logbuch von Yaros.
Soweit möglich, sind wir mittlerweile an Bord zu einem normalen Alltag zurückgekehrt. Es ist ungewohnt, so viele Leute an Bord zu haben, nachdem die Galae beschlossen hat, daß die Crewmitglieder der Mhi'Forthain als reguläre Crewmitglieder der Drolae hier bleiben sollen. Nicht nur das, unter ihnen befindet sich sogar unser neuer Riov... Was nichts anderes heißt, als daß Rhuissa es nicht länger ist. Sie ist längst nicht mehr hier und wird sich mittlerweile längst wieder zu Hause befinden. Caevhra wird sich um sie kümmern; er wird dafür sorgen, daß ihr nichts geschieht und sie sich unter bester medizinischer Betreuung wieder erholen kann. Und ich bin derjenige, der das für sie entschieden hat. Gegen ihren Willen, höchstwahrscheinlich. Nichts und niemand hätte sie dazu gebracht, die Drolae zu verlassen, sie hätte mit allen Kräften dafür gekämpft, hierbleiben zu können. Nie hätte sie gewollt, daß ich sie in ihrem wehrlosen Zustand den Leuten ausliefere, die ihr so furchtbares angetan haben, die dafür verantwortlich sind, daß sie hier auf der Drolae landete. Hier, wo ihre wirkliche Familie lebt..." Er pausierte seine Aufzeichnungen und dachte an den Morgen des Abschieds, an dem er die letzten Dinge für sie erledigt hatte. Er hatte ihr eine saubere, neue Uniform übergezogen und so gut es ging, ihr Haar gebändigt, so daß ihre Erscheindung tadellos war. Und dann blieb ihm noch, ihre Sachen zu packen und er war in ihr Quartier gegangen. Noch einmal sah er die Szenerie vor sich, noch einmal erinnerte er sich an die unendlich lange halbe Stunde, die er darin zugebracht hatte.


*Yaros stand in der Tür zu Rhuissas kleinem Quartier. Es war ebenso groß wie das aller anderen; sie hatte nie ein größeres beansprucht, das ihr als Riov zugestanden hätte. Sie hatte nicht eingesehen, warum sie in diesen Dingen privilegiert sein sollte. Ein wenig scheute er sich, diesen Raum zu betreten. Er war sehr selten hier gewesen. Mal hatte er mit ihr gefrühstückt, einmal hatte er einen Nottransport in die Krankenstation von hier durchführen müssen. Aber nie hatte er sich wirklich genau umgesehen. Es gab auch nicht viel, das den Blick fing, alles war schlicht, ordentlich und neutral bis auf das Bild an der einen Wand. Und noch einem anderen Bild... dem kleinen, das neben ihrem Bett in seinem Silberrahmen stand. Erst jetzt setzte sich Yaros zögernd in Bewegung und ging auf das Bild zu. Es war dasselbe Motiv, das er in Erinnerung hatte - ein Bild von ihm, ein Schnappschuß aus unbeschwerten Tagen. Er hatte keine Ahnung, wie Rhuissa an das Bild gekommen war - genauso wenig, wie er gewußt hatte, daß es hier stand, bis der Zufall es ihm offenbart hatte. Wann hatte Rhuissa begonnen, mehr als einen Kollegen und Freund in ihm zu sehen? Was war der Auslöser gewesen? Die Zeit des Entzugs? Irgendwann danach? Er hatte es nie herausgefunden. Und jetzt, da er ihre Abreise vorbereitete, würde er sie auch nicht mehr fragen können. Es fühlte sich seltsam an, falsch und unmöglich. Doch sein Entschluß stand fest, so schwer die Erkenntnis ihm auch gefallen war. Er konnte ihr nicht helfen. So schlicht diese Wahrheit war, so weh tat sie. Er, ihr Freund, der ihr am nächsten stand, war zur Hilfslosigkeit verdammt. Mit Gewalt zwang er die Tränen hinunter, die wieder ihren Weg nach draußen suchten. Stattdessen öffnete er ihren Kleiderschrank und räumte die wenigen Dinge aus, die sich darin befanden. Eine Ersatzuniform, ein weiteres Paar Stiefel, etwas Ersatzkleidung... Es sah vollkommen nach jemandem aus, der mit seiner Arbeit verheiratet war. Er verstaute alles in einer Tasche, die sich ebenfalls im Schrank befand. Aus einer Schublade ihres Schreibtisches klaubte er Kleinigkeiten und einige PADDs, ohne zu wissen, ob sie je benutzt worden waren und ob sich jetzt etwas in ihren Speichern befand. Sie waren in diesem Quartier, sie gehörten Rhuissa, also sollte sie sie auch mitnehmen. Das Bild an der Wand war zu groß, deshalb ließ er es hängen, obwohl er wußte, daß es ihr gehörte. Doch das andere Bild... ein weiteres Mal nahm er es in die Hand, betrachtete sich darauf. Kurzentschlossen legte er es ebenfalls in die Tasche. Es hatte so viele Nächte bei ihr gestanden, während sie geschlafen hatte, da sollte es sie auch jetzt begleiten. Noch etwas? Er öffnete die Schublade des kleinen Nachtschränkchens und entdeckte eine weitere Überraschung. Auf den ersten Blick sah es aus, als hätte ein Kind einen persönlichen Schatz zusammengesammelt. Ein zweiter offenbarte ihm, daß er damit wahrscheinlich gar nicht so falsch lag. Ein Bleistiftstummel, der an seinem Ende angekaut war, lag darin. Ein paar zusammengefaltete Papierblätter mit Notizen. Eine ungeschickte Zeichnung, die er vor einiger Zeit angefertigt hatte. Ein bereits einmal verwendeter, sauber aufgerollter Mullverband. Kleine Stückchen aus seinem Leben, hier sorgfältig in einer Schublade aufgehoben. Wertlos für ihn, ein wahrer Schatz für jemanden, der es nicht geschafft hatte, ihm die innersten Gefühle zu offenbaren. Yaros ließ sich auf das Bett fallen und starrte auf den Schubladeninhalt. Fast war es mehr, als er verkraften konnte. Er wußte nicht, wie lange er dort gesessen hatte. Es mochten Minuten oder Stunden vergangen sein... Irgendwann zwang er sich dazu, aufzustehen und die Dinge aus der Schublade zusammenzusammeln. Eines nach dem anderen steckte er in eine kleine Seitentasche und zog den Verschluß zu. Einem spontanen Entschluß folgend, holte er dann auch noch eines der bereits eingepackten PADDs wieder hervor, aktivierte es und begann zu schreiben:

"Ich hoffe, Du bist gut dort angekommen, wo Du jetzt bist, Rhuissa. Es tut mir so leid, doch das war das Einzige, das ich noch für Dich tun konnte. Ich war unfähig, Dir zu helfen, so verdammt hilflos... Es hat wehgetan, Dich bewußtlos auf dem Biobett liegen zu sehen, doch noch mehr hat es geschmerzt, Deinem Kampf zuzusehen. Immer wieder hast Du Dich aus der Umnachtung hervorgekämpft, hast zu funktionieren begonnen, nur um dann ein weiteres Mal zusammenzubrechen. Ich konnte es nicht länger ertragen und ich hoffe, Du verzeihst mir jemals meine Eigenmächtigkeit und meine Feigheit. Ich hoffe sehr, daß es nun jemanden gibt, der sich besser um Dich kümmern kann. Ich wünsche es Dir so... Über alles hinaus hast Du die Chance bekommen, wieder richtig zu leben, wieder gesund werden zu können. Nutze diese Chance, bitte. Es ist nicht wichtig, was hier draußen geschieht, was wir noch erleben werden. Einzig wichtig ist nur, daß es Dir wieder gut geht. Wenn Du das hier liest, werden wir wahrscheinlich längst einen neuen Auftrag bekommen haben, obwohl wir hier an Bord genug Aufgaben haben. Wie macht man aus zwei Crews eine einzige? Wie wächst man zusammen? Du hättest Antworten auf solche Fragen gehabt; Du hättest gewußt, wie wir miteinander umgehen können. Doch Du bist nicht mehr da. Es ist schwer, das zu begreifen. Du bist der Inbegriff dieses Schiffes, Du bist sein Herz. Wie kann es ohne Herz weiterleben? Natürlich, Du hast einen Nachfolger bekommen und er macht einen entschlossenen Eindruck. Beruhigt es Dich, wenn ich Dir schreibe, daß Sovek bereits begonnen hat, ihm das Leben schwerzumachen, wo er nur kann?

Ich wünsche Dir, daß Du wieder zu leben anfangen kannst. Vergiß uns nicht, aber vergib uns. Vergib mir. Hätte ich einen anderen Ausweg gefunden, hätte ich ihn beschritten, doch ich fand keinen. Ich kann Dir nicht helfen und es ist an mir, das einzusehen.
All meine Liebe,
Yaros"*

Das PADD hatte er dann als letztes mit in die Seitentasche gepackt in der Hoffnung, jemand würde ihre Sachen für sie aufbewahren. Wann auch immer sie wach genug war, um diese Nachricht zu lesen... Nicht lange danach war bereits das Schiff angekommen, das sie abholte. Caevhra war an Bord gekommen, um Rhuissas Transport persönlich zu überwachen und hatte die kleine Tasche ebenfalls in Empfang genommen. Und dann war sie fort.


"Aufzeichnung fortsetzen.", seufzte er.
"Es ist nicht einfach, den Neuen zu begegnen. Natürlich haben sie ein Recht darauf, einen eigenen Platz zu finden und sich zu integrieren. Doch zu sehen, wie sie in unsere Bindungen einbrechen und Plätze einnehmen, die ihnen nach meinem Gefühl nicht zustehen, fällt schwer. Zumal wir nur noch so wenige sind... Niemand weiß, wo Mirha und Melvis abgeblieben sind. Ob sie starben, ob sie auf diesem Planeten untertauchten, ist unklar. Ebenso Easgéan. Er hat die Chance genutzt und ist geflohen. Als gemeldet wurde, daß sowohl er als auch der gesamte Inhalt des Arboretums verschwunden sind, war es mir sofort klar, daß es sein freiwilliger Entschluß war, das Schiff zu verlassen. Über die Gründe kann ich nur spekulieren. Rhuissa? Die Galae? Die Verlockungen dieser Welt? Ich? All das? Ich weiß es nicht. Auch wenn Sovek und Giellun, der neue Riov sofort bereit waren, nach ihm zu suchen, habe ich mich dafür ausgesprochen, die Suche gar nicht erst zu beginnen. Easgéan ist hier an Bord nie glücklich gewesen und auch, wenn zwischen uns keine wirkliche Freundschaft bestand, kann ich ihn durchaus verstehen. Er braucht die Freiheit, er braucht seine Unabhängigkeit und welcher Ort wäre dafür besser geeignet als dieser Planet? Ich hoffe, daß er seinen Platz findet.

Seit einiger Zeit bin ich auf der Krankenstation nicht mehr allein. Der Bordarzt der Mhi'Forthain hat sich ebenso entschlossen, an Bord zu bleiben und teilt sich nun mit mir meinen Arbeitsbereich. Kein übler Kerl, wir haben einiges an Ansichten und Gewohnheiten gemeinsam. Es hätte mich deutlich schlechter treffen können. Dennoch, auch er fühlt sich wie ein Eindringling an. Jemand Fremdes, der in meinem Revier wildert... Natürlich weiß ich, daß das weder gerechtfertigt, noch rational ist, aber ich kann nichts gegen mein Empfinden tun. Vielleicht war ich auch nur zu lang allein, mag sein.

Ich bin mir bisher nicht sicher, was er zu unseren vierbeinigen Mitarbeitern meint, die im Sumpf wohnen, doch in jedem Fall werden die beiden dort bleiben. Ich habe es mittlerweile geschafft, ihnen eine Art Zuhause zu schaffen und nun den Raum ausgebaut. Das Gras muß noch wachsen, die Pflanzen werden hoffentlich noch größer werden, doch immerhin habe ich ein stabiles Klettergerüst konstruieren können. Ich hoffe, es gefällt ihnen, noch scheinen sie ein wenig mißtrauisch zu sein. Aufzeichnung unterbrechen."


Er rieb sich müde über die Stirn. Eigentlich hatte er die Aufzeichnung begonnen, um seine Gedanken ein wenig zu ordnen, doch er hatte nicht das Gefühl, daß es dazu taugte. viel zu sehr war sein Inneres noch zu aufgewühlt, um alles in sinnvolle Zusammenhänge zu bringen. Vielleicht sollte er wirklich mit Rhía über all das reden... Er lächelte schwach bei dem Gedanken an seine Nichte. Wahrscheinlich war es besser, sie nicht mit allem zu belasten; sie war jetzt schon verzweifelt genug, wenn sie versuchte, seinen wirren Gedanken zu folgen. Und mit jedem Anruf wirkte sie besorgter. Sie sagte nicht viel darüber, doch er kannte sie gut genug, um auch die Zwischentöne und Ungesagtes hören zu können. Ahnte sie doch, was hinter seiner Stimmung steckte? Wußte sie mehr über sein Tun, als er zuzugeben bereit war? Er ließ sich rücklings auf das Biobett fallen, auf dem er saß. Er sollte diesen Tagebucheintrag hinter sich bringen und nicht soviel nachdenken...


"Aufzeichnung fortsetzen. Unser neuer Riov muß sich zwar erst einmal in seine Position finden, aber nach zwanzig Jahren außer Dienst ist das wahrscheinlich keine Überraschung. Ich bin mir nicht sicher, was ich von ihm halten soll, was aber nicht unbedingt ausschließlich objektiv ist. Er macht einen motivierten Eindruck, ja, aber wann immer ich ihn Befehle geben und auf dem Kommandosessel sitzen sehe, habe ich das Gefühl, er sei hier eingedrungen. Und warum auch nicht? Was hat sich das Oberkommando dabei gedacht, ihn auszuwählen? Sovek wäre der Nächste in der Kommandokette gewesen. Gut, seine Qualifikation steht außer Frage, aber auch ich selbst bin nicht einmal in die Überlegung einbezogen worden. Nicht, daß ich mich in die erste Reihe drängeln will, das würde mir wohl als letztes einfallen. Aber was ließ die Befugten unserem Neuen den Vorzug geben, anstatt ein Crewmitglied der Drolae zu nehmen? Ich vermute mittlerweile, daß es für sie ein Riesenspaß war, uns einen Fremden auf unserem eigenen Schiff vor die Nase zu setzen. Was anderes kann es sein? Oder können sie tatsächlich auf die Idee kommen, ein Erster Offizier, der seit zwanzig Jahren kein Schiff mehr von innen gesehen geschweige denn irgendwem befehligt hat, sei besser geeignet als jemand, der seit Jahren auf der Drolae arbeitet? Wie es sich damit auch verhält, ich kann ihm nicht vorurteilsfrei entgegentreten und das macht den Umgang mit ihm schwierig, wie kompetent er auch sein mag. Ich habe meine Besuche auf der Brücke auf ein Minimum eingeschränkt, um mich nicht zu dummen Kommentaren hinreißen zu lassen. Er hat das offiziell bestätigte Recht, dort zu sitzen und zu kommandieren, da ändert meine persönliche Meinung absolut nichts. Aufzeichnung beenden."



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