Chronik Nr.160 vom 18.12.2008 Ort der Handlungen : Auf dem Planeten ch'Athann / Kyrene und auf der ChR Drolae ChR Drolae Bordzeit: 24.12.2375 , 11:00 Uhr bis 11:20 Uhr >>> Kneipen & Lokale <<< ------------------------------------------------------------------------ --- Sternzeit 52982,1 - 24.12.2375 , 11:00 Uhr --- ------------------------------------------------------------------------ ---[ Auf der ChR Drolae ]--- >> Krankenstation / Deck 2 << "Ich hatte bisher nicht viel mit dem Geheimdienst zu tun. Daher sind mir deren Praktiken nicht bekannt. Ich weiß aber, dass es solche Sachen wie Gehirnwäsche gibt. Naja, da müssen wir wohl abwarten, wie sich alles entwickelt. Erst einma müssen die beiden ja auch zur Drolae zurückkommen", sagte sie zu Yaros. Dann sah sie wieder auf Rhuissa. "Ich hoffe trotzdem, dass ihr hier geholfen werden kann. Auch... wegen Dir..." Aidoann stockte kurz, dann drang seine letzte Frage in ihr Gehirn. Sie wurde grün... "Verteidigen... ja, das kann ich mich. Ich mache seit vielen Jahren Lhaekh-ae'rl" dann murmelte sie "...und außerdem hat mich dieses 'Können' ja schließlich hierher gebracht." Traurig sah sie auf Rhuissa und beneidete diese fast ein wenig darum, dass sie nichts mitbekam von diesem ganzen komplizierten Leben... Yaros hatte für einen kurzen Moment die Augen geschlossen, als Aidoann ihren Satz mit "wegen Dir..." ergänzte. Was war nur passiert, daß es für jeden offensichtlich geworden war? Sogar für jemanden, den er erst so kurze Zeit kannte? Nun... vielleicht lag es auch an seiner Zuhörerin. Oder war es ihm einfach egal geworden in einer Situation, die so aussichtslos erschien? Noch einmal sah er sich Rhuissa an, ihre vertrauten Züge, ihre ewig widerspenstige Haarsträhne. Doch Aidoann hatte noch etwas anderes gesagt... "Was? Wie meinst Du das, daß Dich Deine Fähigkeiten zur Selbstverteidigung hierher brachten?" Aidoann seufzte. "Du hast meine Akte also noch nicht gelesen?" Sie konnte ihm kaum ins Gesicht sehen. "Nun gut, dann sage ICH es Dir. Ich habe einem Kerl das Lebenslicht ausgepustet und darum wurde ich auf die Drolae abgeschoben. Er war ein hohes Tier und genau wie ein Tier hat er sich auch benommen. Vermutlich war das der Grund, warum man mich nicht einen Kopf kürzer gemacht hat." Sie zuckte mit den Schultern und versuchte gleichgültig zu tun. Dennoch konnte sie Yaros noch immer nicht ins Gesicht sehen. 'Ob er sich jetzt verachten würde? Vielleicht wollte er auch nichts mehr mit ihr zu tun haben.' Sie wusste selber nicht, warum es so war, aber ihr lag mittlerweile einiges daran, dass Yaros sie mochte. Er war der einzige, mit dem sie sich hier richtig vernünftig unterhalten konnte und er war der einzige, der ihr hier geholfen hatte... ------------------------------------------------------------------------ ---[ Auf dem Planeten ch'Athann ]--- >> Vor dem Erdhügel << "Hast du eine bessere Idee, Frau Kommandantin?" Fragte Sovek und sah Nutala über ihre Schulter. "Was ist das?" Er zeigte auf die Kügelchen. "Sieht aus wie Yaros Pillen." Nutala gab Sovek ihr Gewehr. "Da, halt mal." Ihr zweiter großer Fehler Heute. Dann untersuchte sie Dinger mit ihrem Tricorder. Es dauerte etwas, bis sie diesen zum Funktionieren gebracht hatte. "Eindeutig Künstlich. Irgend ein Kunststoff. Sehr leicht. Und hör mal, es quietscht, wenn ich es zwischen den Finger zerdrücke." Nutala erhob sich und wunderte sich. Über all sah sie diese Kügelchen. "Das Zeug hat hier wohl jemand verteilt." 'Schönes Gewehr,' dachte Sovek und machte damit Zielübungen. Irgendein Tier mit zwei Hörner sah, das auf ihm gezielt wurde und rannte auf sechs Beinen schnell davon. Sovek sah sich die Kügelchen genauer an und nahm eines in die Hand. "Also, ein Kugellager hat hier bestimmt niemand verloren. Es ist Rund, grau, sehr leicht und ist aus Kunststoff." Sovek versuchte das Kügelchen mit den Fingern zu zerquetschen. "Warum schaffe ich das nicht? Gibt es einen Trick dabei?" "Ja zusammen Quetschen und nicht drehen." Nutala überlegte. "Hier befindet sich die Schatzkammer, können das hier damit zu tun haben?" "Jetzt bin ich selber neugierige geworden. Wie kommen wir da hinein? Der Tricorder zeigt nichts an!" "Gar nichts, also ist da etwas, was wir nicht sehen sollen." "Dich brauch ich wohl nicht nach einer Idee zu fragen." "Doch, frag ruhig," antwortete Sovek. "Schließlich bin ich ja der Riov. - Laß mal überlegen. - Ähm, Kugeln aus Plastik und das sehr viele davon. Gibt es einen runden Schlitz, wo man die Kugeln hineinwerfen könnte?" "Ich denke nicht, dass diese Dinger ein Schlüssel sind. Dazu sind es zu viele. Aber sie sind alt. Wie sah noch mal dein Plan aus, um in den Hügel zu kommen. Ewig zu suchen, macht wohl keinen Sinn, auch läuft uns die Zeit weg. Sovek, tu es. Mach BUMMM!" Nutala ging zurück, um nicht von Trümmern getroffen zu werden. Artig, wie ein kleiner Junge, befolgte Sovek Nutalas Anweisung. Bevor er es knallen ließ, steckter er sich ein paar Kügelchen in die Hosentasche. Wer weiß wozu die gut waren, dachte der kleine stellvertretende Riov. Als kleines Kind besaß Sovek kaum Spielzeug und Murmeln besaß er schon gar nicht. "Also gut, Nutala," warnte er die Katzendame. "In Deckung." Er zielte mit Nutalas Waffe auf eine schwach ansehende Stelle des Erdhügels. Sein Finger drückte ab und ein Strahl sauste Richtung Hügel. Nach dem Knall späte Nutala hinter dem Baum vor, hinter dem sie Deckung gesucht hatte. Und überdachte Soveks Handlungen. Der macht echt alles, was man ihm sagt. Gut zu wissen. "Danke Sovek." und damit nahm sie ihm so schnell wie möglich die Waffe wieder ab. Nur so zur Vorsicht. Dabei bemerkte sie einen widerlichen Gestank. "Was ist das?" Sie besah sich das Loch im Hügel. Nach der verdampften Erde kam eine rauchende Wand aus einem, jetzt wohl schwarzen, Zeug. Offenbar hatten sie das Geheimnis der Kügelchen gelöst. Sie bildeten eine Wand um den Kern des Gebäudes unter dem Hügel. Wie eine Schutzschicht war es über eine Mauer gelegt. Und es hatte die Wand dahinter wohl gegen den Beschuss auch geschützt. Auch wenn die Wand nun weg gebrannt war. "Interessant." "Da war wohl ein Verpackungskünstler der Baumeister des Erdhügels," spekulierte Sovek, als er den Rest der verbrannte Wand begutachtet hatte. In diesem Moment fiel ihm etwas ein und sagte trocken und ohne eine Wimper zu zucken: "Bei den Elementen. Ich glaube, ich habe vergessen zu erwähnen, das sich Säcke mit explosiven Pulver in diversen Kammern befinden. Fällt mir gerade so ein. Da hatten wir ja noch mal die Elemente auf unsere Seite gehabt, sonst wären wir ohne Shuttle bis zur Drolae geflogen." Nutala wurde schwarz vor Augen. Es dauerte Sekunden bis sie sich wieder gefangen hatte. "Danke für den Hinweis." Sie sicherte die Waffe. "Nun komm, die Wand sieht mitgenommen aus. Lass sie uns einreißen." Nutala ging also zur Wand und prüfte die Steine. Erst entfernte sie die verbrannte Dämmung aus festen Platten, die aus diesen Kügelchen bestanden. Dann kratze sie an den Steinen. Nach einigen Mühen hatte sie auch den ersten aus dem Mauerwerk gerissen. "Zum Glück ist es eine Mauer und keine gegossene Betonwand oder so. Und nun hilf mir, steh da nicht so nutzlos rum, wir Essen zeitig." Sovek trat weiter vor. Als er dichter an der Wand stand, half er Nutala beim Entfernen von Steinen. "Puh!" Rümpfte Sovek seine Nase. "Aus dem Loch stinkt es, als hätte ein Klingone seine Füße seit Jahrhunderten nicht mehr gewaschen. Was für ein Mief. Hier hat schon lange niemand den Raum gelüftet. Und dunkel ist es da drin." Sovek nahm eine Handlampe und leuchtete damit hinein. "Na sieh einer an. Wir sind genau richtig. Das ist ein Korridor. Links und rechts stehen Figuren aus Ton." Nutala aktivierte ihren Tricorder. "Die Figuren bestehen nicht nur aus Ton, in ihnen befinden sich Organische Überreste." "Bei den Elementen, offenbar wurden Leute in den Figuren eingemauert." Es dauerte etwas bis Nutala sich weiter wagte. Vorsichtig betrat sie den Gang und sicherte die Umgebung. "Keine Gefahr, kannst kommen." Die Figuren waren alle viel größer als Sovek. Er betrachtete eine Figur genauer und meinte: "Der da sieht aus wie Yaros und der da wie Easgéan nach einer seiner verkieften Nächte." Sein Kopf bewegte sich blitzartig zum inneren des Erdhügels. "Nutala! Da hinten hat sich doch was bewegt. Oder bilde ich mir das ein?" Nutala aktivierte ihre Sensorbrille und suchte den Gang ab. Sie sah nur Schutt, diese seltsamen Statuen und zertrümmerte Statuen. "Nein, alles Tod. Hier lebt keiner Mehr. Das Fleisch von den Knochen dort hinten, ist schon lange vermodert." "Wie war das mit der Explosionsgefahr hier? Was weist du davon?" Nutala sah Sovek mit ihren großen Augen an. >> Im Erdhügel << Sovek überzeugte sich selbst, das da nix war und antwortete gleichzeitig: "In Kammern sollen in Säcken gefülltes explosives Pulver lagern." - "Da war was." - "Doch nicht." - "Ein funke und der Erdhügel explodiert." - "Jetzt war da was." - "Doch nicht." - "Die Grabkammer muß tiefer legen das der Erdhügel. Irgendwo muß es Stufen geben, die nach unten führen. Kann sein das die Stufen von einer Bodenbedeckung getrant ist." Er ging weiter und suchte am Boden nach ungewöhnlichen Stellen. Nutala vergewisserte sich nochmals, das ihre Waffe gesichert war. Doch da bemerkte sie auch aus dem Augenwinkel eine Bewegung im Dunkeln. "Doch, da ist etwas. Ich habe eine Bewegung gesehen ... und etwas hat dort über Stein gekratzt. Ich hab es deutlich gehört. Genau hinter uns." Jetzt, so ohne ihre Waffe, wurde Nutala doch nervös. "Was soll wir machen? Wir können das doch nicht ignorieren." Nutala prüfte die Verwendbarkeit ihres Gewehrs als Knüppel. Nutala zuckte zusammen, als die Bewegung im Dunklen immer deutlicher wurde. "Etwas kommt auf uns zu. Sovek sag was, was weist du noch alles über diese Anlage?" Bei dem Anblick der sich bewegenden Statue, wurde Nutala doch leicht panisch. Sovek bekam große Augen und schrie panisch die Antwort: "FALLEN!!! GEHEIM TÜREN!!!" Er sah nach links und dann nach rechts. "Oh, oh!!!" Die Wände bewegten sich langsam auf ihnen zu. "Wenn ich mich nicht irre müssen wir ein Rätsel lösen, damit der Zugang zur Grabkammer öffnet. Ich seh' hier nur kein Rätsel, was gelöst werden muß! Es muß was mit der Statue zu tun haben. Ich hab es vergessen." "Toll, warum fällt die ausgerechnet jetzt ein, dass du was vergessen hast. Der Gang will uns zerquetschen und ein ... Dings kommt auf uns zu gekrabbelt das mich an ein ... Ein Zombie??? Ein Skelett??? Sovek, denk schneller." Nutala sah ein Skelett aus dem Dunklen auf sich zu marschieren, was schon schlimm genug war. Sie wagte erst gar nicht an die anderen Statuen im Gang zu denken. Sie wog nochmal prüfend das Gewehr, dass sie nun als Keule benutzen wollte. "Sovek, wenn wir das hier überleben, bring ich dich um." Unter Streß und Zeitdruck sollte Sovek auch noch denken? Das ging nun wirklich nicht. "So kann ich nicht denken," jammerte er und suchte nervös nach einen Ausweg. "Denken, denken, denken. Ich bekomme Kopfschmerzen. Statuen. Viele Statuen. Sieben. Hinter sieben Statuen mußt du schauen. Sieben Hebel bewegen. Sieben Türen öffnen. Nur eine bringt dich zum Glück. Aber Sechs bringen dich zum Pech. Beeile dich, sonst holen dich meine sieben toten Priester." Hinterm Skelett tauchte plötzlich ein zweites Skelett auf. "Das müssen die sieben Priester sein, die lebendig begraben wurden!!! Ich will nach Hause!!!" ------------------------------------------------------------------------ ---[ Auf dem Planeten ch'Athann ]--- >> Im Landfahrzeug, unterwegs in die Berge << > "Hat sie das von dir?" > Yetan sprach nur halblaut, aber die Belustigung war ihr deutlich > anzumerken. Rabhan konnte gerade noch verhindern, hörbar nach Luft zu schnappen. Wie benahm sich das Mädchen denn heute? War es das ungewohnte Umfeld? Die neuen Bekanntschaften? Er nahm sich vor, später ein Wort mit Livna zu wechseln... Immerhin war sie hier in Gesellschaft der Kollegen ihres Vaters, nicht im Kreis ihrer Schulfreundinnen! Er überspielte seine Sprachlosigkeit mit einem weiteren Grinsen, das locker und unbeschwert wirken sollte und blickte einmal mehr Yetan an. "Nein, nicht von mir direkt. Von einem so großen Klingonen, der derzeit ohne seine rechte Hand leben muß, hat sie es." Er deutete eine Spanne von etwa vierzig Zentimetern zwischen seinen Händen an. "Ich kam auf die skurrile Idee, einen Klingonen in ein Unterhaltungsprogramm zu installieren. Den Leuten hier gefällt's. Aber warum auch nicht - dieses Exemplar knurrt die Spieler zwar an und beschimpft sie recht rüpelhaft, verzichtet allerdings darauf, sie von dringend gebrauchten Körperteilen zu trennen. Das Bat'leth ist reine Dekoration." Faolchu hörte sich alles nur an und machte sich seine eigenen Gedanken. Neben Rabhan und Yetan eingeklemmt zu sitzen war für ihn nicht gerade das, was er als Spaß bezeichnen würde. Vielleicht sollte er mehr trainieren, damit er ein wenig abnahm. Kritisch scannte er seinen Körper ab und fand hier und dort kleinere Fettdepots, die es seiner Meinung nach besser nicht geben sollte. Livna erschien ihm auch immer rätselhafter. Dieser Wechsel vom erwachsenen Benehmen zu ihrem kindischen Verhalten gerade war schon extrem. Er wusste einfach nicht, was er von ihr halten sollte. Einerseits wollte er so lange wie möglich in ihrer Nähe sein, aber andererseits neigte er eher nicht zu selbstquälerischem Verhalten. So entschied er sich kurzfristig um: "Keras, könntest Du mich bitte am Stadtrand absetzen? Ich... ähm... ich habe noch einen Termin, den ich vergessen hatte. Tut mir leid, aber Du hast ja Gesellschaft." Er hatte zwar ein schlechtes Gewissen, aber er musste hier raus. Eigentlich wollte er nur noch eins: Livna vergessen. Wie sollte das besser gehen, als in einer netten Umbebung mit noch netteren Drinks... Langsam fuhr Keras das Fahrzeug hinaus auf die Straße. Passanten blieben stehen und bewunderten Keras Fahrzeug, weil die meisten sich so ein Gefährt nicht leisten konnten. Es sei denn, man gewann es in eines der vielen Casinos. Auf der Straße fuhr Keras immer noch langsam. Nicht weil er das Fahrzeug nicht beherrschte. Wenn er wollte konnte er auch schneller fahren. Aber er wollte in den neuen roten Lack keinen Kratzer machen. Nicht das es ein Steinschlag in die Frontschreibe gab. Die Reifen könnten sich bei einer schnelleren Fahrweise auch schneller abnutzen. Livna ignorierte das Gemurmel auf der Rückbank und lehnte sich in ihrem Sitz zurück. Im Zeitlupentempo steuerte des Riov den Wagen durch die Straßen der Stadt, und überall wo sie langfuhren, drehten sich Passanten nach ihnen um. Livna genoss diese Blicke - manche bewundernd, andere neidisch -, obwohl sie natürlich wusste, dass sie nicht ihr galten. Doch je näher sie dem Stadtrand kamen, desto mehr hoffte sie, Keras würde auf freier Strecke mal ein bisschen auf die Tube drücken. Da meldete sich auf einmal Faolchu von der Rückbank. Er sagte irgendwas von einem Termin und wollte abgesetzt werden... So wie Faolchu das sagte, glaubte Livna nicht daran, dass dieser Termin wirklich existierte - aber machte das irgendeinen Unterschied? In wenigen Minuten würde der Riov anhalten und ihn aussteigen lassen, und dann würde Faolchu weggehen, die Elemente allein wussten, wohin. Zum zweiten Mal an diesem Tag fragte sich Livna plötzlich, ob es möglich war, jemanden in einer Stadt wie Eejathnin wiederzufinden, über den man so gut wie nichts wusste. Als Kind auf ch'Rihan war er wegen seines Fells gehänselt worden, das wusste sie - aber das würde ihr bei der Suche nicht weiterhelfen, kein winziges Stück. Sie könnte jeden, den sie auf der Straße traf, fragen, ob er vielleicht einen Mann gesehen hatte, der am ganzen Körper behaart war... aber die Stadt war so groß... Bestimmt würde man sie irgendwo einliefern, bevor sie jemandem begeg- nete, der ihn vielleicht vor zwei Wochen oder drei Tagen oder einem Jahr irgendwo gesehen hatte, wo er längst nicht mehr war. Sie könnte ihren Vater fragen, oder Yetan. Die würden bestimmt etwas wissen, aber ganz bestimmt auch einen Haufen unangenehme Fragen stellen, auf die Livna die Antwort selber nicht kannte. Warum wollte sie eigentlich unbedingt einen Mann wiederfinden, den sie vor wenigen Minuten noch für einen Arsch gehalten hatte? Livna verstand sich selbst nicht, aber sie spürte deutlich, dass sie das wollte. Denn eines war sicher: Hier im Auto, mit dem Riov, ihrem Vater und Yetan auf einem Haufen, konnte sie überhaupt nichts tun, um zu verhindern, dass Faolchu wegging... Sie unterdrückte einen Stoßseufzer und sank tiefer in ihrem Sitz. Die Passanten waren ihr auf einmal egal. Der Motor im Landfahrzeug schrie und bat förmlich nach mehr Tempo. Für eine langsame Kaffeefahrt und gesteuert von einem gemütlichen Sonntagsfahrer war das Fahrzeug einfach nicht gebaut worden. Keras merkte das der Motor nach 'Speed' verlangte. Er drückte das Gaspedal durch und alle im Fahrzeug wurden in ihren Sitzen gedrückt. Das Fahrzeug beschleunigte in wenigen Sekunden auf 300 Kilometer pro Stunde. Als eine 90 Grad Kurve kam, verlangsamte Keras das Fahrzeug nur wenig. Nach der Kurve beschleunigte Keras das Fahrzeug erneut. Er hätte nie gedacht, das ihm das Fahren mit dem Landfahrzeug so viel Spaß machen würde. Fast hätte er vergessen das Faolchu vorzeitig aussteigen wollte. Rechtzeitig trat Keras voll auf die Bremse, so das die Reifen eine lange schwarze Spur auf der Straße hinterließen. "Wollte hier jemand aussteigen?" Fragte der Riov nach hinten. Eigentlich wollte Rabhan noch etwas zu Faolchu sagen, als Keras plötzlich in seinen Geschwindigkeitsrausch verfiel. Passanten, Häuser, Lichter rasten am Fenster vorbei und wurden bald zu formlosen Schlieren, daß einem nur schwindelig werden konnte. Also umklammerte Rabhan die Sitzkanten und - bevor er es verhindern konnte - schloß die Augen. Als der erste Schreck überwunden war, versuchte er es mit rationalen Überlegungen. '430 Stundenkilometer... Ich bin schon auf Schiffen gewesen, die in dem Tempo erst mit der Beschleunigung angefangen haben....' Doch es half nicht. Ein Schiff nahm nicht jede Bodenunebenheit mit, so daß man das Tempo nicht ignorieren konnte und besaßen vor allem Schilde, die Kollisionen abmilderten! Gnadenlos rasten die bunten Schemen weiter... Rabhan überlegte gerade, ob sein Stolz damit zurechtkommen würde, Keras um eine Tempodrosselung zu bitten, da entschied sich dieser selbständig zu einer Totalbremsung. Innerhalb eines Augenblicks stand das Fahrzeug und Rabhan wußte nicht, was unangenehmer war - unsanft gegen die Lehnen der Vordersitze geschleudert zu werden oder in einen ziemlich plötzlich bremsenden Gurt gepreßt zu werden, der geplanterweise einrastete. Viel ging Rabhan in diesem Moment durch den Kopf - er wünschte sich gleichzeitig, den Wagen zu verlassen, Keras eigenhändig ins nächste Krankenhaus zu helfen (wahlweise auch eine Anstalt) und eine Erleichterung in einer gnädigen Ohnmacht zu finden. "Ich. Lebe. Noch.", faßte er seine Empfindungen schlicht zusammen. Faolchu rappelte in seinem Sitz auf. "Ich glaube, ich muss Dir zu Deiner Fahrweise nichts mehr sagen, oder?" raunzte er Keras an. "Ja, ich möchte gern aussteigen. Nach dieser Fahrt schneller denn je... Du solltest ein wenig mehr Rücksicht nehmen auf die Leute, die Du beförderst. Ein Landfahrzeug sollte nicht mit Warp-Antrieb durch die Straßen gejagt werden." Jetzt musste er doch ein wenig grinsen. "Machts gut und erzählt mir mal, wie es beim Schiff war, falls Ihr mal Zeit habt." Er öffnete die Tür und war schon fast ausgestiegen, als er sich dann doch nicht mehr beherrschen konnte. Er MUSSTE es einfach noch einmal versuchen. "Vielleicht könnten Sie es mir ja erzählen, Livna. Sie müssen mir noch einmal den genauen Termin ihres Auftrittes mitteilen." Er grüsste noch einmal kurz in die Runde, stieg gänzlich aus und knallte die Tür zu. Dann ging er schnell weg - ohne sich noch einmal umzudrehen. 'Blödmann elendiger... seniler Schwachkopf.... was denkst Du Dir? Dass sie sich meldet? Du hättest Dir die Worte getrost sparen können' waren die Gedanken, die ihm durch den Kopf gingen. Dann stand er vor einer Kneipe und ohne weiter nachzudenken, trat er ein... Livna hatte es nicht verhindern können. Als der Riov unverhofft aufs Gaspedal trat und durchstartete, wurde sie von einer solchen Kraft in den Sitz gedrückt, dass sie lauthals aufkreischte und ihre Hände sich ins Sitzpolster krallten. Ihr Herz stand still, während draußen nur noch kaum erkennbare bunte Schemen vor den Fenstern vorbeizischten. Sie flog nach rechts, nach links, und genauso plötzlich war es wieder vorbei. Livna landete hart im Sicherheitsgurt und keuchte, als der Wagen mit qualmenden Reifen zum Stillstand kam. Sie kam sich vor, als wäre sie gerade auf dem Jahrmarkt mit irgend- einer krassen Achterbahn gefahren. Während Faolchu dem Riov den Marsch blies, kam sie allmählich wieder zu Atem. Und dann geschah das Wunder: Faolchu war schon fast draußen, da drehte er sich noch einmal um. Zu ihr. Und er fragte sie, wann genau ihr Auftritt wäre... Livna hatte nicht mehr daran geglaubt, dass Faolchu immer noch Interesse haben könnte, zu der Aufführung zu kommen. Ihr Herz fing an, heftig zu schlagen, und einen Augenblick lang war sie völlig sprachlos. "Das ist am Svanarstag in drei -" brachte sie heiser heraus, aber da hatte Faolchu schon die Tür zugeknallt. "Wochen", beendete Livna ihren Satz und ließ die Schultern hängen. "In drei Wochen." Faolchu war wirklich ein Arsch, dachte sie verwirrt. Trotzdem wünschte sie sich, die drei Wochen wären schon um. Kaum war Faolchu ausgestiegen, ließ der Riov die Reifen qualmen, in dem er gleichzeitig auf Gas- und Bremspedale trat. Dann ließ sein Fuß das Bremspedale los und das Fahrzeug schoß den Bergen entgegen. In diesem Moment war nur fliegen schöner. Livna murmelte noch ihre letzten Worte vor sich hin, da zog der Riov schon wieder davon. Dieses Mal kam es nicht ganz so überraschend, und nach einer Schrecksekunde begann Livna die Fahrt zu genießen - besonders nachdem sie die Außenbezirke der Stadt hinter sich gelassen hatten, die Straßen leerer wurden und der Blick freier. Irgendwann warf Livna einen Seitenblick auf den Riov. Ihm schien die Fahrt jetzt auch großen Spaß zu machen - mit dem mürrischen, feindseligen Kerl, den sie heute morgen in seinem Stadthaus kennen- gelernt hatte, hatte Keras jetzt kaum noch etwas gemeinsam. Er war wie ausgewechselt. Livna erinnerte sich an das, was Yetan gesagt hatte, dass es unglaublich wäre, wie schnell der Riov von seinem mürrischen Programm wegschalten konnte. Wie viele Programme der Mann wohl hatte? Das Rennsportprogramm gefiel Livna eindeutig besser. Wenn sie herausbekommen konnte, wie Keras' "Fernbedienung" funktionierte, dann konnte sie vielleicht irgendwie mit ihm auskommen. "Kann es sein, dass der Wagen Sie an die Mhi`Fhorthain erinnert?" fragte sie den Riov. "Fahren Sie deswegen so selten damit?" "Wahrscheinlich hat er vergessen, daß er nicht der Pilot war...", mutmaßte Rabhan, während er sich an seinem Sitz festklammerte. Natürlich lag ein Sicherheitsgurt um ihn, der verhindern würde, daß er bei einem Bremsmanöver durch die Frontscheibe ging, doch jetzt gerade wäre ihm ein Kraftfeld sehr viel lieber gewesen. Schon ging es in eine Kurve, wobei es offenbar nicht darauf ankam, dem Wegverlauf zu folgen, sondern vielmehr den Wagen ein langes Stück durch die Gegend schlittern zu lassen, bis er die Trägheit überwunden hatte und die Fahrtrichtung wieder mit der Ausrichtung des Wagens übereinstimmte. "Und wenn es nach mir geht, wird er auch nie einer werden.", preßte er zwischen den Zähnen hervor. "Du warst wohl nie jung, mein Lieber?" Yetan lächelte. "Ich erinner mich noch gut daran als ich gerade die Akademie abgeschlossen hatte, ach was haben wir Unsinn gemacht. Und ich hatte nach nach Ghiemn und Darika die meisten Verwarnungen wegen Geschwindigkeitsübertretung und unerlaubter Routen. Ach damals war die Zeit noch anders. Vielleicht muss Keras was nachholen?" Sie lächelte immer noch und schien sich bestens zu amüsieren, auch die Manöver des ehemaligen Riovs schienen sie kaum zu erschrecken. "Ich freue mich schon darauf, mich nachher selbst hinter's Steuer zu setzen. Als Kommandant eines Raumschiffes hatte Keras kaum privaten Kontakt zur Crew gepflegt. So wußte die Crew kaum etwas über Keras Jugendzeiten. "Ich mag zwar eingerostet sein und mit diesem Typ Fahrzeug mit dessen vielen Pedalen und den vier Reifen überfordert sein. Aber ich war mal rihannischer Rennfluggleiter Jugend-Meister." Diesmal stoppte Keras das Fahrzeug am nächsten Zielort sanfter. "Wir sind in der näher der ChR Mhi'Fhortain. Yetan, viel vergnügen mit mein Fahrzeug. Holen Sie uns auf ihren Rückweg von hier ab." Keras stieg aus und machte den Fahrersitz frei für Yetan. Rabhan grinste schief. "Ich war bestimmt keine personifizierte Unschuld, aber auf Land bin ich nunmal lieber nicht schneller als meine Wahrnehmung unterwegs. Laßt mich an das Steuer eines Schiffes oder eines Shuttles, wo ich mich auf Schilde, Trägheitsdämpfer und Scanner verlassen kann." Er warf einen kurzen Blick auf Livna, bevor er fortfuhr: "Nur so konnte ich mir eine Rüge einhandeln, als ich und ein Kommilitone Hindernisrennen geflogen sind. Und ich rede nicht von einem lizensierten Parcours." Erleichtert stellte er fest, daß der Wagen wieder stand und schnallte sich ab, um auszusteigen. "Dann viel Spaß euch beiden. Und kommt mir heil zurück - wie, will ich gar nicht wissen." Livna war wirklich verblüfft, dass anscheinend alle Insassen des Fahrzeugs verkappte Rennpiloten waren, oder wenigstens früher gewesen waren. Sie warf ihrem Vater einen neugierigen Blick zu. Sieh einer an, wer hätte das von ihm gedacht? Er weckte bei ihr so oft den Eindruck, dass Arbeit und der Ernst des Lebens für ihn mehr zählten als Spaß. Hatte sie sich die ganze Zeit in ihm getäuscht? "Das musst du mir unbedingt mal genauer erzählen, Papa!", forderte sie ihn auf und lächelte ihn an. Natürlich wusste sie, dass alle älteren Leute früher mal jung gewesen waren. Aber manchmal fiel es ihr schwer, sich das konkret auszumalen. - "Sag mal, ist von dem Bordcomputer von der Mhi'Fhorthain eigentlich noch was übrig? Ich würde so gern mal Bilder von früher von dir sehen... und von den anderen auch!" ergänzte sie noch. Vielleicht gab es ja auch welche von Faolchu... >> Eine Kneipe << Easgéan hatte die Leute seiner Umgebung lange genug beobachtet um schließlich festzustellen, daß man ihn hier wohl verstehen würde. Die meisten sprachen ein fast reines Rihansa, mache mit einem interessanten Akzent, andere schienen tatsächlich Muttersprachler zu sein, doch zum Teil hatten sie sich den Akzent angeeignet. Eine interessante Beobachtung, wie er fand, nur erklären konnte er sie sich kaum. Und eigentlich wäre er sogar davon ausgegangen daß er keinen akustischen Halluzinationen aufsaß, wenn da nicht plötzlich ein sehr haariger Mann vor ihm aufgetaucht wäre... Die Kneipe war völlig überlaufen. Im ersten Moment wollte Faolchu sich gleich wieder umdrehen und gehen, aber er war müde und brauchte dringend ein starkes Getränk. Er sah sich suchend um. Am Tresen standen die Leute in drei Lagen herum, die Tische waren alle besetzt. Er ging ein wenig weiter in den Laden hinein und entdeckte drei freie Plätze an besetzten Tischen. Eine aufgetakelte Frau... besser nicht, die suchte sicher nur jemanden, der sie aushielt. Ein alter Mann, der die ganze Zeit auf sein Glas stierte und vor sich hinmurmelte... das fehlte gerade noch. Er war auch so schon genervt. Dann saß da noch ein Mann, der etwa in seinem Alter sein konnte. Er sah müde aus. 'Genau wie ich. Der nervt mich garantiert nicht mit dummem Gelaber' dachte Faolchu und machte sich auf den Weg zu diesem Tisch. "Ist hier noch ein Platz frei, wo man in Ruhe einen Drink nehmen kann?" fragte er. Nur einen kurzen Moment zögerte Easgéan, dann aber nickte er. Zum einen sprach die Halluzination seine Sprache, es konnte also interessant werden, und wenn der Kerl dch real war wurde es sogar noch interessanter. Faolchu bedankte sich kurz und ließ sich auf den freien Stuhl fallen. Dann winkte die Bedienung zu sich her und bestellte sich mit einem Grinsen "das härteste Zeug, was es hier gibt". Danach lehnte er sich im Stuhl zurück und schloss kurz die Augen, um sich noch ein allerletztes Mal Livnas Aussehen ins Gedächnis zu rufen... Die Bedienung blickte Easgéan an, und ohne weiter nachzudenken nickte er und sagte "...das gleiche." Dann erst fiel ihm ein daß er nicht einmal die hiesige Währung kannte.... Und wenn sein neuer Trinkumpan tatsächlich eine Halluzination war würde er ihn auch kaum einladen können. Er seufzte und verfluchte sich kurz für seine Gedankenlosigkeit, aber nur sehr kurz. Der haarige Mann schien Sorgen zu haben... ...einen kurzen Moment lang überlegte Easgéan ihn anzusprechen, aber die Bedienung kam ihm zuvor und brachte beiden das Getränk, erstaunlich dafür, daß die Kneipe wirklich überfüllt war... Sie bekamen jeder ein Glas mit einer hellen milchig trüben Flüssigkeit... Easgéan schnupperte nur kurz und kam zu dem Schluss, daß es genießbar war. "Also dann... auf all's was sich so damit wegspüln lässd!" prostete er dem haarigen Mann zu. Er war bemüht dialektfrei zu sprechen, immerhin hatte er nur rihansa gehört, und kein havrannisch. "Genau... wegspülen ist immer gut", prostete Faolchu zurück und leerte sein Glas in einem Zug. Das Zeug brannte einem die Kehle weg, aber zeitgleich machte sich eine wohlige Wärme breit, die alles Schlechte hinwegschwimmen ließ. Das war genau das, was er jetzt brauchte. Er setzte das Glas ab und sah sein Gegenüber an. Dabei fiel ihm auf, dass dieser ihn merkwürdig ansah. "Ist irgendwas nicht in Ordnung mit mir?" fragte Faolchu und sah an sich herunter. Könnte ja sein, dass er einen Fleck auf der Jacke hatte oder sowas... Easgéan gelang es auf die Frage ehrlich verwundert zu wirken. "Alle ein Ordnung, warum?" und tatsächlich beruhigte er sich ein wenig. Halluzinationen stellten selten solche Fragen... vermutete er zumindest. "Und was isses bei dir? Ne Frau? Der Job?" lenkte er das Thema in eine andere Richtung. Faolchu drehte das Glas zwischen seinen Händen und während er über die Frage nachdachte, sagte langsam: "Eigentlich alles... das ganze verdammte Leben geht irgendwie grad schneller an mir vorbei, als ich es leben könnte." Er zuckte mit den Schultern. "Einen Job wie ich ihn hatte, werde ich nie mehr bekommen - genauso wenig wie ich niemals dieses verflixte Weib im Arm halten werde." Er wusste, dass er grad in Selbstmitleid schwamm, aber das war ihm egal. Ein paar Drinks weiter sollte es besser werden... Er bestellte beim vorbeieilenden Kellner Nachschub für seinen Tischkumpanen und sich. >> Caileacs Praxis << Das war deutlich, obwohl Caileac es ruhig sagte. Giellun machte den Mund auf, um etwas Entsprechendes zu erwidern, überlegte es sich dann anders und klappte ihn wieder zu. Eine Weile blieb er einfach nur sitzen und horchte in die plötzliche Stille, während er darüber nachdachte, was er jetzt zu Caileac sagen sollte. "Dein Ringfinger", meinte er schließlich. "Das sieht nicht gut aus. Und ich würde schwören, dass du das noch nicht hattest, als ich dich zum letzten Mal gesehen habe. Du bist kein Blutsverwandter von denen, und das wissen sie, also müssen sie deine Loyalität wohl auf die Probe stellen." Es war ein unangenehmes Thema, und ohne es zu wollen, hatte Giellun das Fläschchen mit dem Allergenblocker wieder vom Tisch genommen und drehte es in den Händen. "Ich musste daran denken, als du mich vorhin nach meinem Wettbüro gefragt hast." Caileac seufzte. Er hatte das Thema nicht anschneiden wollen, aus Angst um Gielluns Leben und um sein eigenes, denn es war ganz richtig, mit einem Vertrauensvorschuss hatte er wohl kaum zu rechnen, allerdings... "...die Frage hatte nichts zu bedeuten. Es hat mich wirklich nur interessiert..." Einen Moment lang beobachtete er das Fläschchen in Gielluns Hand. Jetzt war es ohnehin so gut wie zu spät... "Sie werden sicher etwas finden... Und ich hoffe sehr, daß du... besser gesagt dein Wettbüro zu... nun, vielleicht nicht die beste Wortwahl, zu banal ist." Er rieb sich die Schläfen und rang sichtlich nach Worten. "Glaub bitte nicht, ich hätte das freiwillig getan... ich hatte keine Wahl... Aber lass uns bitte irgendwoanders hingehen..." Er hoffte, daß Giellun diesmal verstand. Nachdem er sich nicht hatte wegschicken lassen... Giellun glaubte zwar auch, dass sein Wettbüro als solches ein ziemlich banales Zielobjekt für eine Überprüfung wäre, aber beruhigt war er deswegen nicht. Es kam darauf an, wie gründlich sie in Caileacs Vergangenheit herumgestochert hatten. Was das alte Schlitzohr ihnen erzählt und was es vor ihnen verborgen halten konnte. Wenn sie von der Mhi'Fhorthain wussten, dann konnten sie jedenfalls versuchen, Caileacs frühere Kameraden ausfindig zu machen... und wenn sie wussten, dass er einer von ihnen war, dann würde er eine hervorragende Zielperson abgeben, egal wie armselig und banal sein Wettbüro sein mochte. Giellun hörte, wie Caileac ihn beschwor, es wäre nicht freiwillig gewesen, er hätte keine Wahl gehabt... Würde denn nicht jeder in Caileacs Situation genau das behaupten? Wahrscheinlich schon - und trotzdem hatte Giellun das Gefühl, dass er ihm glaubte. Er wollte es natürlich glauben, weil alles andere ihn in seinen Grundfesten erschüttert hätte - aber es war nicht nur das. Es hatte etwas damit zu tun, wie Caileac ihn angesehen hatte, als er unverhofft in der Praxis aufgetaucht war... so voller Erleichterung und Freude. Giellun traute es keinem noch so guten Schauspieler zu, in so einer Situation diese Gefühle glaubwürdig vorzutäuschen, wenn er überhaupt nicht darauf vorbereitet war. Ja, das war es. Wenn es aber die Wahrheit war, dann würde es Caileacs Prüfungskomittee ganz sicher nicht milde stimmen... Giellun kam nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, denn Caileac drängte ihn wieder zum Aufbruch. Dieses Mal hatte es aber einen ganz anderen Beiklang als wenige Minuten zuvor. War jedes Wort, das in dieser Praxis gesprochen wurde, ein Wort zuviel?! Am liebsten hätte Giellun seinen begriffsstutzigen Schädel gegen die Tischkante gerammt, aber dann zuckte er nur mit den Achseln und stand auf. Er sammelte die Tabletten und die Spritzen vom Tisch auf und steckte sie mitsamt dem Fläschchen ein. Augenblicklich vermisste er es. Er verschränkte die Arme vor der Brust, damit es ihm leichter fiel, seine Hände unter Kontrolle zu halten. Diese reservierte Pose inspirierte ihn zu seinem nächsten Satz. "Dazu gezwungen", sagte er quasi für die Kamera, "das würde doch jeder behaupten. Such dir einen anderen, der das glaubt. Jolan true, alter Freund. Ich gehe." Giellun drehte sich um und ging auf die Tür zu. Caileac zuzuzwinkern wagte er nicht. Aber der musste begriffen haben. Sie waren dort beide Stammgäste, niemand würde sich etwas dabei denken, wenn man sie dort sah... und es wäre sicher keine gute Idee, wenn sie jetzt zusammen durch die Straßen liefen. Sie mussten getrennt hingehen, sich später wieder treffen. Giellun war verschwunden... Caileac blieb zurück und versuchte das ganze zu verstehen. Der Wechsel in Gielluns Tonfall und Mimik war ihm natürlich nicht entgangen - aber war es tatsächlich nur Show gewesen, nachdem er selbst zuvor angedeutet hatte daß es hier nicht sicher war? Glaubte er damit jetzt noch jemanden zu täuschen der vielleicht mithörte? ...aber vielleicht war doch etwas ernstes dabei... Caileac hatte vor einigen Stunden auch zum ersten mal davon gehört, daß die Dhrain- v'Fvill jemanden zwangsrekrutierten. Normalerweis, so hieß es, geriet man irgendwie dazu, lernte jemanden kennen der als Leumund für einen bürgte, und fing ganz ganz unten an... Dann WOLLTE man aber einsteigen, einen Fürsprecher bei den Dhrain-v'Fvill fand man nicht, wenn man es nicht absolut ernst meinte und bereit war alles aufzugeben... Entweder hatte er sie also an einer so empfindlichen Stelle getroffen daß sie dringend Ersatz brauchten, oder er hatte ihnen ohne es zu wissen einen grossen Dienst erfüllt und deshalb hielten sie ihn für wertvoll... aber das hieße, daß sie ihn schon eine Weile beobachteten. Daß vielleicht alles so eingefädelt gewesen war... '...allerdings ist die Praxis abhörsicher... immerhin komme ich von Rihan, verfüge also über überlegene Technologie...' Versuchte er sich zumindest einzureden. Um ganz sicher zu gehen ging er die Räume mit einem Trikorder ab. Es war tatsächlich nichts zu finden... 'Es sei denn sie wissen worauf die Geräte reagierten und haben etwas erfunden auf daß sie nicht anschlagen...' Er schüttelte den Kopf. 'Verflucht, ich dreh durch...' Er steckte den Trikorder wieder weg, setzte sich, massierte mit den Fingerspitzen die Schläfen, versuchte nachzudenken. 'Das ganze ist eine Nummer zu groß... aber das hilft mir jetzt nicht weiter... Jolan tru...' Dann endlich hatte er verstanden. 'Bei den verfluchten Elementen...' Er packte die Schlüssel ein und den Geldbeutel und lief los, zum zweiten mal an diesem Tag ins Yolantru. Das war es was Giellun ihm sicher hatte sagen wollen - eine verschlüsselte Botschaft über ein Treffen... 'Daß ich Hlai nicht schneller drauf gekommen bin!' Es war wie in einem dieser Agentenfilme, die der Tal shiar als Propagandamaterial nutzte... Nur daß er sich nicht sicher war welche Rolle ihm zugedacht gewesen wäre, wahrscheinlich die des Bösewichtes der lediglich früher mal auf der Seite des Helden gekämpft hatte... 'Was habe ich mir da nur eingebrockt...' Dank seiner langen Leitung war er etwa 10 Minuten hinter Giellun, und nachdem ihm die Sache klar geworden war versuchte er auch nicht aufzuholen, es mußte zufällig aussehen. Dementsprechend nahm er auch nicht den direkten Weg, sondern schlenderte an dem Kiosk vorbei an dem er immer Zeitungen holte, kaufte eine Schachtel Zigaretten obwohl er eigentlich mit dem Rauchen aufgehört hatte - andererseits war dies eine gute Gelegenheit wieder anzufangen. >> Yolantru << Das zweite mal in diesem Nachtclub war schon wieder etwas ganz anderes - er fragte sich jetzt welches Recht er gehabt hatte sich so über die gaffenden Kerle zu erheben... er war keinen Deut besser, im Gegenteil... Eben tanzte ein Mädchen das neu sein mußte, zumindest hatte er sie noch nie gesehen. Er nahm in der Nähe der Bühne Platz bestellte irgendetwas und hatte schon Augenblicke später vergessen was es war. Eine Weile lang beobachtete er die Tänzerin, wenn auch um sich unauffällig nach Giellun umsehen zu können. Es waren nicht allzu viele Leute draußen unterwegs, als Giellun auf die Straße trat. Welchen Weg sollte er nehmen? Das Adrenalin [oder was immer Rihannsu anstelle davon haben], das in seiner Blutbahn kreiste, machte ihn hellwach, und trotzdem spürte er, dass sein Körper ihm nach der letzten fast schlaflosen Nacht etwas anderes erzählte. Er hatte eigentlich nicht die geringste Lust, den ganzen Weg bis zum Yolantru zu laufen. Die Elemente waren ihm hold, sie schickten ihm ein leeres Taxi vorbei, das offenbar jemanden hier draußen abgesetzt hatte und nun auf dem Weg zurück in die Stadt war. Er winkte hastig, und der Fahrer hielt an und öffnete ihm die Beifahrertür. Giellun stieg ein und schloss sie wieder. "Zum Central", bat er. Das war der Hauptbahnhof von Eejathnin. Der Fahrer fuhr los und Giellun schielte möglichst unauffällig nach dem Außenspiegel. Doch niemand von den Passanten änderte seinen Kurs und kein weiteres Fahrzeug löste sich vom Straßenrand. Wurde er allmählich wirklich paranoid? Das Taxi nahm Kurs in Richtung Zentrum. Giellun schaute weiterhin ab und zu in den Außenspiegel, ohne jedoch etwas Verdächtiges zu bemerken. Weil seine Aufmerksamkeit der Straße hinter ihnen galt, merkte er erst nach einigen Sekunden, dass der Fahrer in den Boulevard Catilla I. abgebogen war. Sie würden an seinem Wettbüro vorbeifahren... Giellun ließ den Spiegel in Ruhe und schaute geradeaus. Das Wettbüro lag ungefähr 100 Meter vor ihnen. Aber wie seltsam... die Leute machten einen Bogen um seinen Laden, gingen am äußersten Rand der Bordsteinkante vorbei. War etwa noch etwas dort passiert, nachdem er gegangen war? Es war jedenfalls nichts, das irgend- welche Einsatzfahrzeuge angelockt hatte, soweit er das sehen konnte. Als das Taxi die Stelle passierte, versuchte Giellun, durch die Fuß- gänger hindurch etwas zu erkennen. Da saßen Leute auf dem Boden, alles Kyreniker, und einige davon kannte er auch, es waren seine Stammgäste. Sie hatten Schrumpfköpfe aufgestellt und Kerzen angezündet, der in der Mitte hielt ein handgeschriebenes Schild, aber das Taxi war schon vorbeigefahren, bevor Giellun lesen konnte, was darauf stand. Seine Gäste hielten Mahnwache für den Ermordeten... Giellun blieb ruhig sitzen, aber innerlich fluchte er. Er verstand ihr Anliegen nur zu gut und hätte es nicht übers Herz gebracht, sie wegzuschicken - ganz abgesehen davon, dass er dann wohl bald keine Gäste mehr haben würde. Aber gerade jetzt konnte er es überhaupt nicht brauchen, dass solche Aktionen dem Wettbüro unnötige Aufmerksamkeit verschafften. Die meisten Passanten schoben sich jedoch achtlos daran vorbei. Gut für mich, dachte Giellun, aber wie bitter für die Kyreniker... Am Central stieg er aus und bummelte ein wenig durch die Bahnhofs- vorhalle mit ihren Ständen und Geschäften. Als er absolut sicher war, dass niemand ihm folgte, ging er wieder hinaus und nahm den Bus zu dem Vergnügungsviertel, wo das Yolantru lag. Er fühlte sich irgendwie albern - die ganzen Vorsichtsmaßnahmen hatten sich als unnötig herausgestellt. Ob Caileac inzwischen schon da war? Giellun hoffte es inständig, als er die Tür zu dem Etablissement austieß und in das schummrige, von Rauschschwaden durchzogene Innere trat. Ob Caileac inzwischen schon da war? Giellun hoffte es inständig, als er die Tür zu dem Etablissement austieß und in das schummrige, von Rauschschwaden durchzogene Innere trat. Tamar! schoss es Giellun plötzlich durch den Kopf, als er an den Tischen im Eingangsbereich vorbeiging und auf den Tresen zusteuerte. Hier vorne saß Caileac nicht, das hatte er auf den ersten Blick gesehen. An Tamar hatte er überhaupt nicht gedacht, als er das Yolantru zum Treffpunkt erwählt hatte. Er wollte nicht, dass sie jetzt hier war und arbeitete und ihn sah. Er wollte nicht, dass sie von dem, worüber er mit Caileac reden würde, irgendetwas mitbekam. Sie durfte jetzt einfach nicht hier sein. Er scannte die Mädchen auf der Bühne nach ihr, konnte sie aber nirgends entdecken. Uff, das war schon mal gut... aber sie konnte immer noch mit einem Kunden in einem der Séparés stecken... Giellun überlegte kurz, ob er an der Bar nach ihr fragen sollte, aber das ließ er wohl besser bleiben. Am Ende war sie wirklich da, und dann würden sie ihr ganz bestimmt Bescheid sagen... Der Barkeeper grinste Giellun schon entgegen, als er an den Tresen trat. Er hatte die suchenden Blicke sehr wohl registriert - und beinahe richtig gedeutet, aber nur beinahe. "Tut mir leid, Kleiner", meinte der Barkeeper und breitete bedauernd die Hände aus, "deine Maus ist nicht da, die kommt erst zur Spätschicht." Giellun gelang, wie er hoffte, ein angemessen schiefes Grinsen zur Antwort. "Tja", meinte er achselzuckend, "hab ich wohl Pech. Mach mir trotzdem mal einen Svedex, ich bleib auf einen Drink..." "Harter Tag?" fragte der Barkeeper freundlich, während er sich daran machte, den Drink zu mixen. Es kam nicht gerade oft vor, dass Giellun um diese Uhrzeit direkt mit einem Svedex einstieg, das fiel ihm jetzt selber auch auf. Aber hatte nicht jeder dann und wann einen harten Tag? "Kann man so sagen", gab Giellun zu. "Für heute bin ich jedenfalls bedient." Das klang abschließend genug, um den Mann wissen zu lassen, dass er absolut keine Lust verspürte, darüber zu reden. "Dank dir jedenfalls für den Drink." Giellun legte ein paar Münzen auf den Tresen, schenkte dem Barkeeper ein weiteres schiefes Grinsen und griff sich das Glas. Mit dem Glas in der Hand zockelte er hinüber zur Bühne, blieb stehen, nippte gedankenverloren an seinem Drink und sah den Mädchen eine Weile lang eher desinteressiert bei ihren Verrenkungen zu. Irgend- wann hielt er die Zeit für gekommen, sich wieder umzudrehen und Ausschau zu halten - nach einem Plätzchen, wo er seine Ruhe haben konnte, beziehungsweise nach Caileac. Er entdeckte ihn plötzlich ganz in der Nähe. Den Elementen sei Dank, er war da. Ohne Eile ging Giellun zu seinem Tisch hinüber und grüßte ihn mit einem Nicken - und einem Lächeln. "Schau an... ist hier noch frei?" Ceileac blickte auf, musterte Giellun kurz, sah den Drink in dessen Hand und überlegte kurz wie plausibel es wohl war so zu tun als würden sie sich kaum kennen... Man sah ihnen an, daß sie Rihannsu waren, ihre nahen Verwandte auf dem Planeten unterschieden sich doch deutlich genug von ihnen... "Setz dich... Haben viele neue Tänzerinnen..." er nickte in Richtung Bühne, jedoch ohne grosses Interesse. "Ernsthaft?" fragte Giellun und warf nochmal einen etwas interessierteren Blick auf die Tänzerinnen, bevor er sich setzte. "Ich gebe ja zu, dass ich mir aus den anderen Mädels nicht wirklich was mache... Tamar ist jedenfalls nicht hier, das hat mir der Barkeeper eben gesagt. Sie kommt später, und heute ist mir das ausnahmsweise sogar recht." ............ Ende der Chronik ............ ------------------------------------------------------------------------